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  Was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß.
Die Informationsgesellschaft im Spiegel des World Wide Web

von Ute Hoffmann und Kai Seidler, Berlin
 

Einleitung
Serverauswahl und Bewertungskriterien
Erste Eindrücke
Inhalte und Serviceangebote
Gestaltung und Nutzungserfahrung
 
Kontakt
 
Fußnoten
Bewertungsbögen

 


Einleitung

 

Eine sprichwörtliche Redensart sagt: "Was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß." Eines konnte selbst hartnäckig unaufgeklärten Zeitgenossen in den letzten Jahren kaum verborgen bleiben. Die "Informationsgesellschaft" ist zum neuen deutschen Leitbild aufgestiegen. Die Bundesregierung hat eine "umfassende" Initiative Informationsgesellschaft Deutschland gestartet, an der "möglichst viele Bereiche der Gesellschaft und viele Bürgerinnen und Bürger beteiligt werden" sollen.1 Die Tatsache, daß dies nicht der erste Anlauf zum Sprung ins Informationszeitalter ist, gibt zu einer gewissen Skepsis hinsichtlich der Erfolgschancen des Projekts Anlaß.2 Das soll uns hier jedoch nicht weiter bekümmern. Wir wollen stattdessen dem Auftrag zu einer Rezension von Webservern nachkommen, die Einschlägiges zum Thema Informationsgesellschaft zu bieten haben.

 


Serverauswahl und Bewertungskriterien

 

Seit Anfang der 90er Jahre im Internet die ersten Hypertextverbindungen gelegt wurden, ist das World Wide Web zu einem globalen Informationsraum von beachtlicher Größe herangewachsen. Das WWW umfaßt gegenwärtig über 50 Mio Text-, Bild- und Ton-Dokumente, die untereinander zu einem nahtlosen Gewebe verschmolzen und per Mausklick anzusprechen sind. Eine Recherche mittels Suchmaschine (AltaVista) zum Begriff "Informationsgesellschaft" erbrachte rund 9000 Verweise auf einschlägige Dokumente (Stand: Ende Januar `97). Viele dieser Dokumente liegen auf ein und demselben Server, was die Zahl der potentiell für einen Review in Frage kommenden Anbieter zwar reduziert. Trotzdem bilden die von uns besprochenen Webserver natürlich nur eine kleine Auswahl des möglichen Spektrums. Wir werden uns im folgenden mit sieben Servern näher befassen:

Unsere Auswahl umfaßt damit staatliche Initiativen in Deutschland und den USA, Organisationen der Technikentwicklung und -folgenschätzung, eine politische, non-government Initiative, sowie ein elektronisches Magazin. An welchen Kriterien orientiert sich unser Review? Im Gegensatz zu Buchrezensionen ist die Besprechung von Webserven ein noch neues Genre. Was als "übliche" oder "gute" Praxis der Informationspräsentation gelten kann, ist wie vieles im Netz beständig im Fluß. Auch das Objekt der Betrachtung kann, häufiger und radikaler als eine einmal gedruckte Publikation, seine Gestalt wechseln.3 Im WWW hat sich inzwischen eine eigene Kategorie von Diensten etabliert, die von professionellen Reviewern erstellte "best-of-the-web"-Bewertungen anbieten. Solche "Cybercritic Services" arbeiten mit Kriterien, die im Einzelfall auf unterschiedliche Akzentsetzungen verweisen.4 Im Kern laufen sie auf wenige, zentrale Kategorien hinaus. Dazu gehören erstens die angebotenen Inhalte (die Art, Qualität und Vollständigkeit der Informationen), zweitens die Form ihrer Darbietung (das Design, die Präsentation, die "Leichtigkeit", mir der sich der Inhalt erschließen läßt), und drittens die Ausstrahlung, die von einem Server ausgeht und in der konkreten Nutzungserfahrung zu einem mehr oder weniger intuitiven Gesamteindruck führt. In diesem Rahmen liegen auch unsere Bewertungskriterien:

  • Inhalt
  • Serviceangebot
  • Gestaltung
  • Nutzungserfahrungen
Die zwei Bewertungsbögen am Ende dieses Textes spezifizieren diese Kriterien inhaltlich.

 


Erste Eindrücke

 

Im Netz gilt ebenso wie in der Realwelt, vielleicht sogar noch stärker: You'll never get a second chance. Der erste Eindruck, den ein Server hinterläßt, kann darüber entscheiden, ob die Nutzerin je mehr als die Startseite erkunden wird. Werfen wir daher zunächst einen ersten Blick auf die Startseite der verschiedenen Webserver.

Der Server zur Initiative Informationsgesellschaft Deutschland (IID) präsentiert sich recht aufgeräumt, wenn auch leicht unterkühlt. Vor einem türkis-farbenem Hintergrund wurde eine Umrißdarstellung von Deutschland plaziert. Als dritte und oberste Schicht darauf erscheinen die Rubriken Inhalt, Aktuelles, Diskussion und Service. Am unteren Seitenrand wird darauf hingewiesen, daß es sich um ein Serviceangebot des Bundesminsteriums für Bildung, Wissenschaft, Forschung und Technologie handelt. Ein New-Tag weist als aktuelles Dokument auf den Entwurf zum Informations- und Kommunikationsdienste-Gesetz hin, der gleich von der Startseite auch als zip-Datei auf den heimischen Rechner geladen werden kann.

Die Startseite des BMWi-Servers ist unsere nächste Station. Hier informiert das Wirtschaftministerium über "Deutschlands Weg in die Informationsgesellschaft". Darunter ist im einzelnen der Beitrag Deutschlands zum Global Inventory Project der G7 zu verstehen. Dieses Projekt dient, so wird uns gesagt, dem Aufbau einer globalen Datensammlung zur Informationsgesellschaft. Das Bild eines Auges will uns ermuntern: "Suche nach...".

Dieser Aufforderung kommen wir jetzt allerdings nicht nach, sondern gehen weiter zur Startseite des Servers der Information Infrastructure Task Force, kurz IITF. Über einem großen Logo-Gif prangt unübersehbar ein Hinweis darauf, wer der Herr im Haus ist: The President. Die Rubriken, die sich von der Startseite aus verzweigen, werden uns gleich zweimal angeboten, wobei die grafisch unterlegte Variante in gelber Schrift auf grauem Hintergrund mit gelben Pfeilen nicht das Optimum an Übersichtlichkeit bewirkt. Bei genauerer Lektüre läßt sich erkennen, daß wir im folgenden in der Hauptsache mit regierungsamtlichen Dokumenten zu rechnen haben, daneben erwartet uns ein Veranstaltungskalender und ein Link zur Virtuellen Bibliothek der Nationalen Informationsinfrastruktur.

Vorläufig haben wir genug von Präsidenten und Ministerien. Dem "Info 2000"-Bericht war zu entnehmen, daß die Gesellschaft für Mathematik und Datenverarbeitung in St. Augustin auf der Liste von staatlichen Forschungseinrichtungen im Bereich Informations- und Kommunikationstechnik ganz oben steht. Dort also, so ist zu vermuten, wird mit an den Techniken geschmiedet, die so revolutionäre Auswirkungen auf unser aller Leben haben werden. Gelangt man jedoch auf die Startseite der GMD, reibt man sich verwundert die Augen. Das "nationale Forschungszentrum für Informationstechnik" zeigt uns neben seinem Logo erst einmal eine Frontansicht von Schloß Birlinghofen. Noch merkwürdiger: Die GMD spricht Englisch mit uns. "Sind die international", denken wir bewundernd. (Später stellt sich heraus, daß die GMD ihre deutschsprachige Startseite unter der nicht besonders intuitiven URL http://www.gmd.de/GMDHome.german.html versteckt hat und das naheliegende www.gmd.de für ihr Fenster zur englischsprachigen Welt reserviert hat.) Wir erfahren, wieviele Mitarbeiter die GMD hat, wie hoch ihr Jahreshaushalt ist und von wem sie alles gefördert wird. Wir werden eingeladen auf eine Tour durch die Institution und danach können wir Pressemitteilungen, die GMD Hotlist und das Postgraduiertenprogramm für das Jahr 1997/98 in Augenschein nehmen. Kein Wort von der Informationsgesellschaft.

Da wir bei der GMD nicht gleich zur Forschungs- und Entwicklungsfront der schönen neuen Multimedia-Welt vorstoßen können, gehen wir eben dorthin, wo Technikfolgenabschätzung betrieben wird, wie etwa bei der Akademie für Technikfolgenabschätzung (AFTA) in Baden-Württemberg. Auf der Seite zum "Themenfeld Informationstechnische Vernetzung", zu dem wir uns gleich durchklicken, erfahren wir, daß die Akademie neben ihren TA-Aktivitäten auch die Genese und Gestaltung von Techniklinien behandelt. In vier "Teilprojekten", um die wir uns später kümmern wollen, werden "einige besonders aussagekräftige Fälle" genauer betrachtet.

Als nächstes besuchen wir den Server der Initiative Informationsgesellschaft * Medien * Demokratie IMD, wo wir auf eine schlicht, nahezu transparent und kalligraphisch gestaltete Seite treffen. Über bereits vertraute Rubriken wie Projekte, Publikation, Kongress hinweg gleitet unser Blick weiter zu einer Sammlung von aneinandergereihten Akronymen wie DJV, IKÖ oder HBV. Aha, jetzt sind wir bei den Organisationen gelandet, die die Initiative tragen.

Besteht denn die Informationsgesellschaft nur aus Initiativen, Verbänden und Veranstaltungen mitsamt ihrem schriftlichen Output? Hotwired bietet dazu das richtige Kontrastprogramm. Die grell-bunte Startseite im Stil eines Lifestyle-Journals lockt uns mit gleichermaßen verheißungsvoll und kryptisch wirkenden Titeln wie "Background sound: Bug or feature? Those provocative ambient audio loops, in Webmonkey." Hier treffen wir auch erstmals auf Werbung, und das nicht zu knapp. Was sich wohl hinter Rubriken wie Surf Central, The Netizen oder Rough Guide verbirgt? Aber ach, erst die Arbeit, dann das Spiel. Sehen wir uns also zunächst die einzelnen Server etwas genauer an.

 


Inhalte und Serviceangebote

 

Der Server der Initiative Informationsgesellschaft Deutschland (IID) wirkt "offiziell" und er ist es auch. Gut sortiert finden wir hier ein umfangreiches Angebot an Dokumenten von regierungsamtlichen oder intermediären Instanzen. Der "Rat für Forschung, Technologie und Innovation" ist ebenso vertreten wie die Enquete-Kommission "Zukunft der Medien". Leider ist man jedoch, was die Arbeit der Kommission betrifft, nicht auf dem neuesten Stand und manche Publikation, die man eigentlich erwarten würde, fehlt, wie etwa die Multimedia-Studie des Büros für Technikfolgenabschätzung.5 Links zu anderen Servern zur Informationsgesellschaft in Deutschland und eine Reihe "Übergreifender Informationen" versprechen ansonsten reichlich Lesestoff. Vereinzelt gibt es auch mal etwas englischsprachiges darunter.

Eine Suchmöglichkeit im Server ist zwar etwas unkomfortabel zu handhaben, aber immerhin vorhanden. Ein E-mail-Service wird angeboten, in den man sich eintragen kann. So wird man künftig per E-mail über aktuelle Pressemitteilungen und die neu hinzugefügten Studien und Berichte auf dem Laufenden gehalten. Das Diskussionsforum zum Thema "Rechtliche Rahmenbedingungen für neue Informations- und Kommunikationsdienste", eingerichtet im Mai 1996, verzeichnet bislang nicht mehr als 5-6 Beiträge pro Monat.

Der IID-Server richtet sich an Experten und eine Öffentlichkeit, die gut unterrichtet werden wollen. Der BMWi-Server mit einem Verzeichnis der derzeit 60, am G7- Globalverzeichnis mitwirkenden Projekte in Deutschland, darunter das Bayerische Gesundheitsnetz oder Xenia - Stadt im Informationszeitalter, bietet eine gute Ergänzung zum IID-Server.6 Der Server läßt allerdings darüber hinaus wenig Profil erkennen, er bietet zu viel zu unsortiert. Neben einer Suchmöglichkeit im teilweise englischsprachigen Server kann man mittels eines Formulars Veröffentlichungen bestellen.

Der IITF-Server ist gewissermaßen die Mutter aller Regierungsserver zur Informationsgesellschaft, bzw. zur Datenautobahn. Eingerichtet im Mai 1993, sollte die Task Force Hilfestellungen bei der erweiterten Umsetzung einer informationellen Grundversorgung leisten. Auch ein aktuelles Dokument zu den Rahmenbedingungen globaler elektronischer Märkte kann nicht darüber hinwegtäuschen, daß dieser Server mittlerweile in Ehren zwar, aber doch tatsächlich ergraut. Von der Art her bietet er ähnliche Informationen wie der IID-Server. Verschiedene Suchmöglichkeiten für unterschiedliche Dokumentenarten wirken als Gewinn. Hier erfahren wir auch ganz selbstverständlich nicht nur Personenamen, sondern auch E-mail-Adressen von Arbeitsgruppenmitgliedern und können, wenn wir ihnen etwas zu sagen haben, ihnen gleich einen elektronischen Brief schicken. Nützlich ist auch eine Extraseite mit Links zu ausgewählten Regierungs- und anderen Organisationen. Needless to say: Der Server ist einsprachig englisch.

Der GMD-Server wirkt wie ein Gemischtwarenladen: Es finden sich Hinweise auf Veranstaltungen mit Beiträgen der GMD, Veröffentlichungen aus der GMD, der Katalog der GMD-Bibliotheken, Informationen über Mitgliedschaften, Beteiligungen, Kooperationen, über Menschen in der GMD, Firmengründungen aus der GMD, Frauenförderung in der GMD und Merkblätter für GMD-Mitarbeiter, eine Seite des GMD-Frauenarbeitskreises, eine Liste mit ausgewählten Projekten (z.B. LAOKOON: Autonomous Sewer Robots), Grüße vom Direktor und eine Hotliste zu Kooperationspartnern und Anteilseignern. Adressiert der Server Mitglieder der GMD oder Außenstehende? Darunter eher Fachleute oder die breitere Öffentlichkeit? Sprachlich hebt sich der Server allerdings positiv ab durch einen eigenen englischsprachigen Bereich. Der Zugang zur Bibliothek der GMD ist natürlich auch ein Plus, aber sonst bietet der Server über die "nackten" Informationen hinaus weder Such- noch Diskussionsmöglichkeiten.

Die Akademie für Technikfolgenabschätzung in Baden-Württemberg stellt ihre Teilprojekte zur Informationstechnischen Vernetzung vor. Die AFTA-Projekte behandeln beispielsweise ein europäisches Aus- und Fortbildungsnetzwerk für Unternehmen und Universitäten oder den Beitrag von Multimedia zur regionalen Erneuerung. Ansprechpersonen sind leider nicht direkt mit E-mail-Link erreichbar, verwiesen wird hier vielmehr auf den Bereich "Diskurs und Öffentlichkeitsarbeit". Der Server adressiert nach unserem Eindruck eher ein geschlossenes Publikum von Experten. Publikationen, wie etwa eine Untersuchung der Akademie zum Thema "Euro-ISDN: Social and Societal Impacts" können per Antwortkarte elektronisch bestellt werden. "Neuigkeiten" werden auf der Startseite der Aklademie zwar annonciert, sind dann aber nur über Umwege einsehbar.

Der Server der Initiative Informationsgesellschaft * Medien * Demokratie IMD dient der Selbstdarstellung der Intiative und ihrer Aktivitäten. Der IMD-Server ist aber zugleich auch Instrument dieser Aktivitäten selbst, indem er der Vernetzung der einzelnen Trägerorganisationen und Mitwirkenden untereinander dient.7 Zur Diskussion vor allem demokratiepolitischer Fragen der Netze / Medien wird eine Mailingliste angeboten.

Die Inhalte und das Serviceangebot von Hotwired wirken schier unerschöpflich. Regelmäßige Rubriken reichen von tagesaktuellen Nachrichten aus der Netzwelt über Hinweise auf interessante Netzadressen bis hin zur Gesundheitsberatung ("Dr. Weil explains the dangers of sushi"). Reisetips stehen neben einer Nachlese zum inzwischen höchstrichterlich verworfenen Communication Decency Act, den der amerikanische Senat im vergangenen Jahr mit dem Ziel einer Regulierung von Netzinhalten verabschiedet hatte. Wer will, kann die Tonaufzeichnung einer Performance von Laurie Anderson abrufen oder live mit prominenten Persönlichkeiten "chatten". Als weiterer Service für Mitglieder sind per E-mail versandte Wochenübersichten des Programms in den verschiedenen Hotwired-Rubriken zu nennen. Hotwired gestattet bei der Nutzung des Informationsangebots in hohem Maße ein "customizing", vorausgesetzt man entschließt sich zu einer Mitgliedschaft. Hotwired adressiert den individualisierten Netzbürger, der in der Informationsgesellschaft schon angekommen ist. Have fun. Derzeit zählt Hotwired ca. 500.000 Abonennten.

Versuchen wir uns nun schnell der verlockenden Leichtigkeit des Hotwired-Servers zu entziehen. Setzen wir unsere virtuelle Reise fort und berichten nun, wie die Gestaltung der Server auf uns gewirkt und welche Erfahrungen wir bei ihrer Nutzung gemacht haben.

 


Gestaltung und Nutzungserfahrung

 

Bei dem IID-Server sind wir zuerst gezwungen, die Fenstergröße unseres Webbrowsers auf fast das Doppelte zu vergrößern, würden wir doch sonst nur einen Teil des Angebots zu sehen bekommen. Die Startseite ist sehr übersichtlich und auch die Folgeseiten sind lesbar gestaltet. Lange Texte wurden auf angenehme Weise auf mehrere Webseiten aufgeteilt und das Layout wurde auf allen von uns besuchten Seiten durchgehalten. Besonders gut finden wir das zusätzlich Angebot von "Word für Windows"-Dokumenten. So ist auch das Ausdrucken von Texten, die sich über mehrere Webseiten erstrecken, sehr angenehm möglich. Die Startseite des BMWi-Server hingegen ist mit zwei übergroßen Logogifs verschandelt. Man bekommt zwar einen Überblick darüber, was angeboten wird, allerdings lädt uns das Design und der Aufbau nicht besonders zum Lesen ein. Zu viele langweilige Listen von Texten ohne weitere Aufteilung oder Auflockerung. Der Server erinnert uns in seiner Trockenheit eher an ein Telefonbuch.

Die Startseite des AFTA-Servers hat uns zunächst verwirrt: Die Verweise auf die Server-Inhalte sind in einem kleinen Textabschnitt versteckt und auf den ersten Blick kaum zu erkennen. Ein violett-weißrauschender Hintergrund auf allen Seiten erschwert uns noch das Lesen der Texte und auch die Navigationsknöpfe sind kaum erkennbar. Besonders gut hingegen finden wir bei diesem Server den "Lageplan". Man findet ihn oben rechts auf jeder Seite und er informiert darüber, wo man sich gerade im Serverangebot befindet.

Die Gestaltung der GMD-Seiten spricht uns nicht sehr an. Die Inhalte wirken konzeptlos zusammenwürfelt und die Seiten sind lustlos und langweilig gestaltet. Folgen wir den Links, gelangen wir zu den einzelnen Servern der GMD-Institute. Sie bilden einen sehr guten Kontrast und sind - so oberflächlich, wie wir es betrachten konnten - von der Gestaltung und den Inhalten viel wertvoller als ihr Mutterserver. Dieser hat uns letztendlich aber noch, mit seiner Guided Tour, einen schönen Rundgang durch die GMD beschert.

Die Klarheit der IMD-Startseite ist dann wieder erfrischend. Sie bietet gleich einen guten Überblick über das Server-Angebot. Unglücklich finden wir dann aber die Wahl des Webautors, möglichst viel Informationen auf einer Webseite unterzubringen. So erspart man sich zwar die Navigation durch viele einzelne Seiten, aber schon auf einer einzelnen, endlos erscheinenden Seite fühlten wir uns irgendwie sehr verloren. Besonders gefällt uns bei diesem Server, wie der Vernetzungscharakter der Initiative im WWW umgesetzt wurde.

Apropos Vernetzung, gehen wir weiter zum nächsten Server und gönnen uns wieder etwas Unterhaltung. Hotwired besteht eigentlich aus einem Wirrwarr an Webservern und URLs. Das Layout wechselt von Seite zu Seite und von Server zu Server. Wir haben gar nicht die Möglichkeit, einen Gesamtüberblick zu bekommen oder herauszufinden, wo wir uns befinden und was als nächstes kommt. Diese Hilflosigkeit ist vielleicht auch gewollt und weil hier alles nicht so ernst gemeint ist, kann man sich ihr hingeben und sich in dem leichten und belebten Angebot treiben lassen: "Surfer's paradise".

Bleiben wir im Land der unbegrenzten Möglichkeiten und schauen noch einmal beim IITF-Server vorbei. Sieht man von dem Widerspruch im Design der Startseite zu den restlichen Seiten ab (die eine ist ganz in Schwarz, der Rest in Weiß gehalten), haben wir hier einen soliden und runden Server. Kein Zuviel und kein Zuwenig. Suchmaschinen erleichtern die gezielte Suche in den verschiedenen Angeboten. Und sogar die Darstellung der Seiten mit Lynx, einem eher exotischen, textorientierten Webbrowser, der in der UNIX-Welt zu Hause ist, ist ausgezeichnet - etwas, das man von keinem anderen Webserver in diesem Beitrag sagen kan.

Obwohl die Navigation und die Orientierung in Hypertextsystemen als deren größtes Problem gilt, haben wir bei kaum einem der Webserver Navigations- und Orientierungshilfen gefunden. Die knappe Hälfte (BMWi, IITF und AFTA) bieten zwar eine Navigationsleiste an, aber nur der AFTA-Server auch eine Orientierungshilfe, die den momentanen Aufenthaltsort anzeigt. Oftmals waren wir nahe an einem Lost-In-Hyperspace-Gefühl. Besonders ausgeprägt war dieses Gefühl bei den vielzähligen und ständig wechselnden Seiten von Hotwired.

Die Nützlichkeit eines Servers hängt nicht nur vom lokalen Informationsangebot ab, sondern auch davon, welche externen Resourcen durch Links in die weite Netzwelt erschlossen werden und ob die gesetzten Links tatsächlich zum Ziel führen. Häufen sich Fehlermeldungen wie "ERROR. The requested URL could not be retrieved", wird es unangenehm. Um nicht funktionierende Links zu finden, haben wir ein Feedbackexperiment unternommen und einen Webrobot auf die Suche geschickt.8 Mit seiner Hilfe war es möglich, die Anzahl aller "dead links" auf einem Webserver präzise zu ermitteln und nebenbei auch einen Überblick über seinen Umfang (Anzahl der Webseiten, lokale Verweise, Verweise nach außen, etc.) zu bekommen. Die wenigsten "dead links" hatten der IID-Server mit 1% und der BMWi-Server mit 1,6%. Es folgten der AFTA-Server mit 4%, der GMD-Server mit 5% und der IMD-Server mit 11% "dead links". Die Webserver aus Übersee haben wir aus netztechnischen Gründen verschont.

Bei den meisten Webservern haben wir zusätzlich noch das Experiment gemacht und die Serveradministration per E-mail auf einen nicht funktionierenden Link hingewiesen. Beim IITF-Server bekamen wir zwar innerhalb eines Tages die Antwort, wie dankbar man uns für den Hinweis sei und daß er weitergeleitet werde. Getan hat sich aber in der nächsten Woche nichts. Bei den deutschen Servern gab es dagegen fast nie eine Antwortmail, dafür wurden die Fehler innerhalb der nächsten Tage stillschweigend beseitigt. Eine erwähnenswerte Ausnahme war der IMD-Server: Hier wurde uns innerhalb von zehn Minuten auf unsere E-mail geantwortet und reagiert.

Um die Server auf ihre Auffindbarkeit im Internet zu untersuchen, haben wir uns der Suchmaschine AltaVista sowohl in der amerikanischen, als auch der europäischen Version bedient. Sie konnte uns die Anzahl der Links nennen, die auf unsere Webserver zeigen. Je mehr Verweise auf einen Server deuten, so unsere Annahme, desto besser ist er zu finden. Die meisten Links aufzuweisen haben Hotwired mit 40.000 und der GMD-Server mit 20.000 Links. Rund 1000 Links verweisen auf den IITF-Server, die restlichen Server (IID, AFTA, BMWi und IMD) kommen auf unter 100 Links.

Einigermaßen überrascht hat uns, daß im ganz überwiegend englischsprachigen WWW die Suche mit AltaVista nach Dokumenten zur "Information Society" eine kaum größere Zahl von Treffern erbrachte als die Suche nach der "Informationsgesellschaft", nämlich 10.000 englischprachige gegenüber 9.000 deutschprachigen Links.9 Sollte es sich beim gegenwärtigen Zug in die Informationsgesellschaft am Ende etwa vor allem um einen deutschen Aufbruch handeln? Und wenn ja, sind wir dabei Avantgarde oder Nachzügler?

Eine zusätzliche Recherche beim Internet-Verzeichnisdienst Yahoo zum Stichwort "Information Society" verwies uns an oberster Stelle auf die Abteilung Unterhaltungsmusik, Unterabteilung Pop. "Information Society", so erfahren wir dort, ist eine in den `80er Jahren entstandene Popgruppe, der im Usenet eine eigene Newsgroup gewidmet ist: alt.music.info-society. In dieser Newsgroup jedenfalls hat man die Neugier auf die Informationsgesellschaft noch nicht verlernt:

>What is the story behind the origin of the band's name?
>Thanks

Good Question!

 


Kontakt

 

Ute Hoffmann, Kai Seidler
Projektgruppe Kulturraum Internet
Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung
Reichpietschufer 50
10785 Berlin

Tel + 49 (0)30/25491-206 und -223

E-mail: uteh@medea.wzb.eu, oswald@duplox.wzb.eu

 


Fußnoten

 

1 Bundesministerium für Wirtschaft, Info 2000. Deutschlands Weg in die Informationsgesellschaft. Bericht der Bundesregierung. Bonn, Februar 1996, S. 33. (http://www.bmwi-info2000.de/gip/programme/info2000/)

2 Vgl. Herbert Kubicek, "Deutschlands dritter Anlauf in die Informationsgesellschaft", in: Informationsgesellschaft - Medien - Demokratie. Kritik, Positionen, Visionen, hg. von E. Bulmahn u.a. Marburg (BdWi-Verlag) 1996, S. 241-268.

3 Daher können wir auch nicht dafür garantieren, daß nach Drucklegung dieser Zeitschrift die Server in der beschriebenen Form noch anzutreffen sind.

4 Vgl. Gus Venditto, "Critic's Choice. Six Sites that Rate the Web", Internet World, January 1997, S. 83-96.

5 Der erste Zwischenbericht der Enquete-Kommission zum Thema "Meinungsfreiheit - Meinungsvielfalt - Wettbewerb Rundfunkbegriff und Regulierungsbedarf bei den Neuen Medien" ist als zip-Datei über den Server des Deutschen Bundestags zu beziehen (http://www.bundestag.de/gremien/14344x.htm). Dort findet sich auch eine Kurzfassung der TAB-Studie von Ulrich Riehm und Bernd Wingert, Multimedia - Mythen, Chancen und Herausforderungen. Mannheim: Bollmann 1995 (http://www.bundestag.de/blickpkt/tab.htm#Multimedia).

6 "Ziel des Projekts Globale Bestandsaufnahme ist die Erstellung eines multimedialen Verzeichnisses nationaler Projekte, Studien und Ausschreibungen zur Informationsgesellschaft. Das Projekt wird auf bestehende nationale und internationale Initiativen aufbauen und sie ergänzen. In der ersten Phase wird der Schwerpunkt auf der Erstellung und Implementierung eines Index- und Verzeichnissystems auf der Basis nationaler Verzeichnisse von wesentlichen ausgewählten, in den G7-Partnerländern geplanten oder laufenden Aktivitäten liegen. Dieses soll dann um die Aktivitäten von Nicht-G7-Ländern erweitert werden, damit ein `zuverlässiges und absolut offenes weltweites Reservoir von Kenntnissen, Ideen und Lösungsmöglichkeiten' zur Verfügung steht." (http://www.bmwi-info2000.de/gip/g7/thema1.html)

7 "Die Initiative Informationsgesellschaft * Medien * Demokratie (IMD) wurde im Januar 1996 gegründet. In ihr arbeiten gegenwärtig ein Dutzend Gewerkschaften, Parteien und Verbände zusammen, die in die aktuelle Diskussion um die Informationsgesellschaft vor allem demokratie- und arbeitspolitische, sozialstaatliche und ökologische Aspekte einbringen wollen. Die IMD - Initiative ist kein eingetragener Verein und will es auch nicht werden. Sie besteht nicht nur aus den Trägerorganisationen, die sich im Gefolge des Hamburger Kongresses `Informationsgesellschaft * Medien * Demokratie' (Januar 1996) zusammengefunden haben, sondern auch aus über 400 korrespondierenden Mitgliedern, die sich von Fall zu Fall an den Vorhaben der IMD beteiligen und selbst welche initiieren." (http://staff-www.uni-marburg.de/~rillingr/imd/imd1.html#vor)

8 MOMspider von Roy Fielding <fielding@ics.uci.edu>, Department of Information and Computer Science, University of California, Irvine (http://www.ics.uci.edu/pub/websoft/MOMspider/)

9 Wie hoch der Anteil deutscher/deutschprachiger Server im WWW ist, läßt sich nicht feststellen. Nimmt man als groben Indikator den letzten Domain Name Survey im Januar 1997, so waren von den insgesamt ermittelten 16,1 Millionen Internet Hosts weniger als 5% unter der de-Domain registriert (http://www.nw.com/zone/WWW/dist-bynum.html).

 


Bewertungsbögen

 

Mit einem Klick auf diese Seiten bekommt man die ausdruckbare PostScript-Version der Bögen.

 

 

 

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Projektgruppe "Kulturraum Internet". c/o Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB)
Reichpietschufer 50, 10785 Berlin. Telefon: (030) 254 91 - 207; Fax: (030) 254 91 - 209;
; http://duplox.wzb.eu.