Startseite Über uns Endbericht (Hyper-)Texte Allerlei Interaktionen Sitemap
Startseite Über uns Endbericht (Hyper-)Texte Allerlei Interaktionen Sitemap

Die Datenautobahn
Sinn und Unsinn einer populären Metapher
  WZB Discussion Paper FS II 95-101, Wissenschaftszentrum Berlin 1995

Weert Canzler, Sabine Helmers, Ute Hoffmann

  Sprungbrett
  Zusammenfassung
1  Aus gegebenem Anlaß...
2  1. Eine atemberaubende Begriffskarriere
3  2. Die deutschen Autobahnen: "Pyramiden des Dritten Reiches"
4  3. Ambivalente Assoziationen
5  4. Datenautobahnen und Autobahnen: Ein Vergleich von Äpfeln und Birnen
6  5. Überredende Ähnlichkeiten
7  6. Vor einer neuen Beziehung von Verkehrs- und Informationstechnik?
8  7. Horizonte
  Literatur
  Abbildungsnachweise
  Fußnoten

 

 
Zusammenfassung
  Die "Datenautobahn" hat innerhalb kurzer Zeit eine rasante Karriere erfahren. Sie ist zum beliebten Etikett und attraktiven Symbol des technischen Aufbruchs in das vernetzte Computerzeitalter geworden. Doch ist aller rhetorischen Verbreitung zum Trotz völlig unklar, was denn auf der technischen Ebene mit der Datenautobahn gemeint sein soll, schließlich stehen mehr noch als die Elemente der informationstechnischen Infrastruktur der Zukunft vor allem die erhofften Anwendungen und Nutzungen erst am Anfang der Entwicklung. Der vorliegende Text erörtert - ausgehend von der Hypothese einer besonderen Leitbildsensibilität noch offener Techniken - die begriffliche Analogiebildung, die zur Datenautobahn geführt hat. Nach einem Überblick über Entstehung und Aufstieg der Metapher Datenautobahn wird vor dem Hintergrund eines historischen Rückblicks auf das erfolgreiche Technikprojekt Autobahn ein Vergleich zwischen der Autobahn und der vernetzten Informationsübertragung angestellt. Angesichts erheblicher Unterschiede schließt sich die Frage an, ob und welche Alternativen sich anbieten, die Besonderheiten der technischen Vision einer ubiquitären Computervernetzung begrifflich angemessen zu erfassen. Es lohnt gleichwohl der Blick auf die Gemeinsamkeiten. Die auf den zweiten Blick aufscheinenden Gemeinsamkeiten und möglichen Komplementaritäten beider Technikfelder könnten die Metapher von der Datenautobahn sogar als besonders tiefgründig ausweisen...


(gefunden in http://phoenix.aps.muohio.edu/users/jdblair/images/ - Oswald)

1 Aus gegebenem Anlaß...
  Die neuen Kommunikationsnetze, die derzeit mit Eifer an vielen Orten der Erde geknüpft werden, werden mit großem Medienrummel gefeiert. Man läßt sie als eine High-Tech-Chance für alle und Technik für das nächste Jahrtausend hochleben. Noch befinden sich die Netz-Träume, vor allem was Anwendungen und Nutzungsformen angeht, erst am Anfang ihrer Realisierung. Gleichwohl werden gegenwärtig die Weichen für die weitere informations- und kommunikationstechnische Entwicklung gestellt. Weltweit verändern sich die Telekommunikationsregimes, neue Anbieter drängen auf die "Wachstumsmärkte der Zukunft", mit dem Durchbruch in die "Multimedia-Welt" wird stündlich gerechnet. Leitbilder, verstanden als miteinander verwobene Wunsch- und Machbarkeitsvorstellungen zentral an diesem Technikprojekt Beteiligter, bestimmen mit, wohin die technische Reise geht. Deshalb ist es nicht unwesentlich, welche Vorstellungen und Begriffe in der Aufbauphase einer umfassenden datentechnischen Infrastruktur kursieren und welche dieser Vorstellungen und Begriffe sich im Diskurs um die Datenkommunikation der Zukunft schließlich durchsetzen.

Es dürfte im Bereich der Neuen Techniken derzeit keine prominentere Begriffsschöpfung geben als die "Datenautobahn". Es wird also im folgenden um die Rhetorik eines potentiell neuen Leitbildes gehen. Diese Rhetorik lehnt sich eng an das machtvolle verkehrstechnische Projekt der Autobahn an, welche ihrerseits eine Geschichte hat. Der anscheinend unaufhaltsamen Karriere der Datenautobahn-Metapher zum Trotz ist zu fragen, ob dieses Bild den technischen Charakteristika der schnellen und vernetzten Datenübertragung überhaupt entspricht. Warum ist das sprachlich eher brachial anmutende Wortgebilde eigentlich so erfolgreich? Ein erklärungsbedürftiger Erfolg, denn die Assoziationen einer Autobahn-Metapher sind im Zeichen der Krise des Automobilismus durchaus ambivalent. Ist nicht die Rede vom "globalen Dorf" der Netzwelt eher angemessen angesichts der dezentralen und eigentümlich kommunikativen Verfaßtheit des real existiernden weltumspannenden Computernetzes Internt, das in jüngster Zeit oftmals und gerne als Referenz einer Datenautobahn herangezogen wird? Neben offenkundigen Unterschieden der physischen gegenüber der informationellen Raumüberwindung lassen die beiden Technikprojekte auf den zweiten Blick allerdings auch erstaunliche Komplementaritäten erkennen, die der "Datenautobahn" einen überraschenden Sinn geben und am Ende sogar auf eine versteckte Verwandtschaft von Verkehrs- und Kommunikationstechnik deuten.

Die "Datenautobahn" reizt nicht nur zu tiefgründigen Reflexionen. Berliner Hacker sollen jüngst über das Internet ein Virus ausgesandt haben, das MS-DOS- und Windows-Systeme befällt und dort sämtliche Dateien auf das "Wortmonster `Datenautobahn'" hin durchsucht.[1] Wird es fündig, zerstört das Progamm alle gespeicherten Daten. Lügenmärchen oder bittere Realität - die Botschaft, die das Virus nach Vollendung des Vernichtungswerks auf dem Bildschirm erscheinen lassen soll, zeugt nicht nur von der sprachlichen Sensibilität seiner Schöpfer, sondern auch von ihrem Hedonismus: "... `Datenautobahn' ...? Wie das schon klingt! Daten? Autos? Hey, es geht um Spaß, Kommunikation und bunte Bilder."

2 1. Eine atemberaubende Begriffskarriere
  Irgendwann im Sommer 1994 war die "Datenautobahn" hierzulande plötzlich in aller Munde. Innerhalb weniger Monate hat diese Metapher Datennetze, bislang dem Diskurs von Spezialisten überlassen, in einen Gemeinplatz verwandelt. Eine kleine Chronik von (Medien-)Ereignissen:

Im September 1993 kündigen der US-amerikanische Vizepräsident Al Gore und Handelsminister Ron Brown eine Initiative zum Ausbau einer nationalen Informationsinfrastruktur (NII) an und legen einen Aktionsplan dazu vor. In einer Rede vor dem nationalen Presseclub veranschaulicht Al Gore, wie man sich diese nationale Informationsinfrastruktur vorzustellen habe.[2]

One helpful way is to think of the National Information Infrastructure as a network of highways much like the Interstates begun in the '50s. These are highways carrying information rather than people or goods. And I'm not talking about just one eight-lane turnpike. I mean a collection of Interstates and feeder roads made up of different materials in the same way that roads can be concrete or macadam - or gravel. Some highways will be made up of fiber optics.

Abb. 1. Home Page im World Wide Web (fehlt in der WWW-Version).

Hierzulande geht man die Sache etwas gemächlicher an. Im März 1994 bittet Der Spiegel den Präsidenten der Electronic Frontier Foundation zu einem Gespräch über Chancen und Risiken der Datenautobahn.[7] Die Fachpresse fragt besorgt: "Multimedia und Information Highways - Wo sind die Deutschen?" (Neumann, 1994) Im Juli signalisieren die VDI-Nachrichten Entwarnung: "Erste Schritte auf der Daten-Autobahn".[8] Forschungsminister Krüger verwickelt Vertreter aus Wirtschaft und Wissenschaft in einen "Innovationsdialog" zu "Information-Highways" und stellt vor der Wissenschafts-Pressekonferenz Pilotprojekte seines Hauses zur Telekooperation vor (BMFT 1994, S. 11f.). In einem Fernseh-Interview moniert der frühere Minister: "Wir müssen die Voraussetzungen dafür schaffen, daß wir in zehn Jahren leistungsfähige Netze zur Verfügung haben. Was wir bisher getan haben, das sind noch keine Information Highways."[9] Der damalige Telekom-Chef Helmut Ricke beeilt sich zu versichern, daß das Unternehmen seit 1982 in Deutschland ein Glasfasernetz aufgebaut hat, das mit mehr als 90.000 km Länge weltweit die höchste Netzdichte aufweist.[10] Das ISDN-Netz, das die Telekom bereits vor einigen Jahren als "`neues Autobahnnetz' der Telekommunikation" präsentierte[11], geht heute allerdings nurmehr als "`Auffahrt' zu den Glasfaser-Hauptstrecken" durch.[12] Im September wird zwischen Erlangen und München eine 34 Megabit/s-Fernstrecke eingeweiht - "Bayern erprobt Datenautobahn".[13]Baden-Würtemberg plant das erste europaweite Pilotprojekt einer Multimedia-Datenautobahn. Im Sommer 1995 soll im Raum Stuttgart die Zukunft des "interaktiven Fernsehens" beginnen - "Datenautobahn soll Millionen Arbeitsplätze schaffen".[14] Im hohen Norden eröffnen private Anbieter von Online-Diensten die "Norddeutsche Datenautobahn". Im September liegt dann auch die Bonner "Regierung an der Datenautobahn".[15]

Abb. 2. "Putting it all together..." (fehlt in der WWW-Version).

Es ist vollbracht: "Die Bauwut kennt keine Grenzen mehr: Überall auf der Welt entstehen Information Superhighways."[16] In der Morgendämmerung des Informationszeitalters tauscht die Geschäftswelt auf der "Information Superhighway Conference" ihre Visionen vom entstehenden elektronischen Marktplatz aus.[17]

3 2. Die deutschen Autobahnen: "Pyramiden des Dritten Reiches"
  Was sind eigentlich die Ursprünge und Besonderheiten der Autobahn, die offenbar so unwiderstehlich zur Analogie- und Metaphernbildung reizen? Die Autobahn ist ein überaus erfolgreiches Beispiel einer verkehrsinfrastrukturellen Innovation, die das Verkehrswesen insgesamt tiefgreifend verändert hat. Die Autobahn ist die Erfolgsstory in der Infrastruktur-Entwicklung des 20. Jahrhunderts, sie ist zugleich ein Mythos und damit eine Quelle von kollektiven Assoziationen, die zur Analogie- und Metaphernbildung geradezu einlädt.

Die Ursprünge des technischen Projektes Autobahn liegen entgegen den üblichen Vermutungen bereits in den Planungen für "Nur-Autostraßen", die mit der Konzeptionierung seit 1909 und der durch den Ersten Weltkrieg verzögerten Fertigstellung der Berliner AVUS, der "Automobil-Verkehrs- und Übungsstraße", 1921 ihren Ausgang nahmen (Kaftan, 1955; Lärmers, 1975 und 1979, sowie zusammenfassend Kunze & Stommer, 1982). In den 20er Jahren waren die oberitalienischen Nur-Autostraßen, die autostrada, Vorbild für die Autostraßenbauer in allen vom beginnenden Automobilismus betroffenen Länder, in denen die Forderungen nach angemessenen Straßen für die schnellen Selbstfahrer und nach der Trennung der verschiedenen Verkehrsmittel auf eigene Wege nicht zuletzt aus Sicherheitsgründen immer lauter wurden. Die italienischen Autobahnen waren zwar kreuzungsfrei und nur Automobilen sowie den damals verbreiteten Krafträdern vorbehalten; allerdings waren die Richtungsfahrbahnen noch nicht getrennt. Das eigentliche Wahrzeichen der Autobahn, ihre getrennte Richtungsführung, blieb den späteren "Vollendern der Autostraßenidee" vorbehalten.

Beeindruckt von den italienischen Erfahrungen bildeten sich in Deutschland Mitte der 20er Jahre unter tatkräftiger Mithilfe von Straßenbau- und Baustoffirmen mehrere Gesellschaften, die einzelne Autobahnstrecken planten und politisch durchzusetzen versuchten.[18] Auch der fundierteste Autobahnplan der HAFRABA, des Vereins zur Vorbereitung der Autostraße "Hansestädte - Frankfurt - Basel", zur Verbindung einiger der wichtigsten Wirtschaftsregionen fand keine ausreichende Unterstützung. Mit der nationalsozialistischen Machtübernahme Anfang 1933 sollte sich dies schnell ändern. Die Nazis erkannten den hohen propagandistischen Wert, der in einem geschickt inszenierten und arbeitsmarktpolitisch begründeten Autobahn-Großvorhaben liegen konnte. Nicht einzelne Strecken waren nun im Visier, ein ganzes Straßennetz sollte es jetzt sein. Das Autobahnprogramm, das im Herbst 1933 medienwirksam eingeleitet wurde und bis 1939 jedes Jahr 1000 Kilometer Straßenneubau zunächst bis zu einer Netzlänge von 7000 Kilometer vorsah, war von Beginn an ein spezifisches Technikprojekt, das aufgrund des geringen Motorisierungsgrades aus verkehrlichen Notwendigkeiten nicht plausibel begründet werden konnte. Die "Autobahnen des Führers" hatten zugleich ästhetische, arbeitspolitische, propagandistische und militärische Implikationen. Ihr Hauptzweck war eine "Propaganda der Tat" im Kampf gegen Arbeitslosigkeit und Wirtschaftskrise. Aus diesem Grund begannen die Bauarbeiten auf der Grundlage der bestehenden Streckenplanungen aus den 20er Jahren an vielen Orten gleichzeitig. Dadurch sollte dokumentiert werden, daß an verschiedenen Orten und in allen Regionen mit dem Bau von Autobahnen die "Schlacht gegen die Not unserer Arbeitslosigkeit" geführt wurde. Die gewünschte Propaganda-Wirkung blieb nicht aus.[19]

Die deutschen Autobahnen der 30er Jahre waren nicht nur eine ausgeklügelte Propagandaaktion in einer umfassenden Herrschaftsstrategie, sie waren auch der Versuch, durch eine offene und an den landschaftlichen Gegebenheiten orientierte Trassenführung und Bauweise eine eigene kulturelle und ästhetische Qualität der Autobahnen zu erreichen (Stommer, 1982). Die Autostraßen sollten dem Autofahrer die Landschaft erschließen. Ein gutes Beispiel dafür ist die Trassenführung der Autobahn von München nach Salzburg über den Irschenberg (s. Abb. 3), die wegen ihrer langen und kurvigen Steigung sicherheitstechnisch problematisch ist. Prioritäres Ziel der Streckenführung, vor dem die Sicherheitsbedenken zurückstehen mußten, war es aber, "dem Autofahrer den grandiosen Blick ins bayerische Voralpenland zu erschließen" (ebd., S. 54).

Eine solche Angepaßtheit des Streckenverlaufs hatte weniger mit Umweltschonung und ökologischer Verträglichkeit zu tun, sie war vor allen Dingen der planerisch-konzeptionelle Tribut an die nationalsozialistische Ideologie der Überwindung des Widerspruchs von Technik und Natur im "Werk der Volksgemeinschaft". Die Protagonisten und Planer der deutschen Autobahnen in den 30er Jahren, allen voran der Straßenbauingenieur und am 30. Juni 1933 zum "Generalinspektor für das deutsche Straßenwesen" ernannte Fritz Todt, wollten sich und dem "Dritten Reich" ein Denkmal setzen. Weniger verkehrstechnische Problemlösungen im traditionellen Land der Eisenbahnen standen dabei Pate, wichtige Motive für den Autobahnbau waren der erhoffte propagandistische Gewinn und die (groß)technische Selbstinszenierung des zur Weltherrschaft strebenden "Dritten Reiches" sowie die exemplarische Überwindung des Gegensatzes von Natur und Technik aus der Sicht der nationalsozialistischen Ideologie.

[Bild einer Autobahn]
Abb. 3. Autobahn München-Salzburg, Irschenberg

Das Autobahnprojekt der Nazis hat den Untergang des "Dritten Reiches" überlebt, obwohl die gigantischen Straßenbauwerke als ersehnte Denkmale des "Tausendjährigen Reiches" zum großen Teil kläglich untergegangen sind; nicht zuletzt übrigens durch die systematischen Sprengungen der Autobahnbrücken, die die sich zurückziehende Wehrmacht aus Angst vor den auf Autobahnen vorrückenden Allierten noch kurz vor ihrer Kapitulation vorgenommen haben. Die Kriegssieger übernahmen das Autobahn-Konzept in ihren Ländern in leicht abgewandelter Form. Die englischen Motorways und die amerikanischen Highways fußen auf den deutschen Autobahnerfahrungen und haben die wesentlichen funktionalen Komponenten, die Kreuzungsfreiheit, die Mehrspurigkeit und die getrennten Richtungsfahrbahnen, übernommen. Mit dem in allen Ländern mit nennenswerten Automobil-Flotten einsetzenden Autobahnbau war der Aufbruch in den globalen Automobilismus besiegelt. Nach dem weltweiten Siegeszug der Autobahn hat das Paradigma des automobilen Raumzugriffs seine universale Gültigkeit erhalten, durch das heute fast alle Ballungsgebiete und Stadtlandschaften in den westlichen Industrieländern geprägt sind und dessen Ausstrahlungskraft für die Gesellschaften in "nachholender Entwicklung" ungebrochen ist. Die moderne Autobahn hat zugleich ihre anfängliche "Offenheit" gegenüber der Kulturlandschaft zunehmend verloren und ist zum effektivsten verkehrsinfrastrukturellen Instrument der puren Raumüberwindung und in ihrer Verbreitung letztlich zur Quelle von umfangreicher Raumzerstörung geworden.

4 3. Ambivalente Assoziationen
  Neue und noch "offene" Techniken brauchen ebenso wie Techniken, die viele und unterschiedliche Akteure tangieren, ein zusätzliches Maß an Akzeptanz und Orientierung. Sie sind leitbildsensibel (Dierkes, Hoffmann & Marz, 1992). Neue Techniken wie die Informationstechniken sind nicht nur mit Hoffnungen auf neue Märkte verbunden. Sie beflügeln die Phantasie und brauchen doch zugleich einen kollektiven Projektionsrahmen. Die Promotoren neuer Technologien und die Trendexperten in den Medien werden in dieser Suchphase nach dem Sinn und der Attraktivität der schnellen und tendenziell ubiquitären Datenvernetzung zu mehr oder weniger kreativen Laboranten in einem dezentralen und doch gleichgerichteten Prozeß der Generierung von Ideen mit Leitbildpotential.

Offenbar sind die Bastler und Protagonisten des Neuen jedoch häufig dem Alten und Bestehenden verhaftet. Sie neigen nicht selten zu Metaphern und Analogiebildungen und klammern sich damit an bestehende Sinnorientierungen. Die Begriffsbildung der Datenautobahn ist nur ein Beispiel. Die große Gefahr der Analogie- und Metaphernbildung ist nicht so sehr die mangelnde Vergleichbarkeit oder der einfach fehlgeschlagene Vergleich. Allzusehr hinkende Vergleiche haben kaum Chancen auf Verbreitung, sie geraten schnell in Vergessenheit. Problematischer sind vielmehr die übersehenen oder nicht erwarteten Konnotationen und Assoziationen, die aus einer "erfolgreichen" analogen oder metaphorischen Begriffsschöpfung entstehen können. In diese Falle sind möglicherweise die verbalen Protagonisten der Datenautobahn getappt. Denn die kollektiven Assoziationen mit dem Begriff Autobahn sind keineswegs einhellig positiv. Die Krise des automobilen Leitbildes (Canzler & Knie, 1994) färbt auf die Autobahnen, das infrastrukturelle Herzstück des Automobilismus, ab. War es vor wenigen Jahrzehnten vielleicht noch das scheinliberale Motto von der "freien Fahrt für freie Bürger", das vielen Menschen zur Autobahn einfiel, so ist es heute oftmals nurmehr der Stau, der in einer Art primärer gedanklicher Zuordnung der Autobahn zukommt. Das adjektivische Verhältnis von Autobahn und Stau hat sogar schon eine berufsbildnerische Anerkennung erfahren, seit eine kleine Flotte von motorradgestützten Stauberatern auf den deutschen Autobahnen eine Art stimmungsmäßige Schadensbegrenzung betreibt und der ADAC an allen neuralgischen Terminen im Jahr den Autobahnbenutzer die Nummer seines Stautelefons für die individuelle Reiseplanung ans Herz legt. Der Stau als manifestes Ergebnis automobiler Dysfunktionalität steht aber nicht allein, die Liste möglicher Negativposten in der Assoziationsbilanz der Autobahn ist lang: Massenkarambolage, (unverantwortliches) Rasen, Langeweile und Monotonie: "Wir fahrn, fahrn, fahrn auf der Autobahn..." (Kraftwerk), Tempolimit - ob nun befürwortet und befürchtet, Landschaftszerstörung und Baustellenchaos.

Das "Reden über entstehende Technologien" braucht Begriffe. Die begriffliche Konstruktion von Wirklichkeit geht mit ihrer physisch-materiellen Konstruktion einher - und manchmal auch voraus. Mehr oder weniger adäquate Metaphern und Analogien haben Einfluß auf die Ausformungen und Diffusion künftiger Technologien, da sie über die gesellschaftliche Mobilisierungskraft für technische Projekte und über ihre Akzeptanz mitentscheiden. Der Begriff der Datenautobahn ist vor diesem Hintergrund ambivalent. Er appelliert an die positiven Attribute der erfolgreichen Verbreitung einer technischen Infrastruktur. Er evoziert Eigenschaften wie Schnelligkeit, Gradlinigkeit, Effizienz und Leistungsvermögen. Gleichzeitig provoziert der Begriff skeptische und ablehnende Assoziationen, weil die Autobahn zum Symbol des ökologisch, sozial und funktional problematisch gewordenen Automobilismus geworden ist. Hinzu kommt, daß die Begriffsanalogie der Datenautobahn wichtige Unterschiede zwischen der verkehrs- und informationstechnischen Vernetzung verkleistert. Es ist daher angebracht, sowohl die inhaltlich-technischen Gemeinsamkeiten beider Techniken als auch ihre Differenzen etwas näher zu betrachten.

5 4. Datenautobahnen und Autobahnen: Ein Vergleich von Äpfeln und Birnen
  Autobahnen sind etwas lange Bekanntes, Vertrautes. Durch ihre unübersehbare, unüberhörbare physische Beschaffenheit und massenhafte Nutzung eignen sie sich als anschauliches Funktionsmodell für Dinge, die noch unbekannt oder noch gar nicht realisiert sind oder sich aufgrund ihrer physischen Beschaffenheit der direkten Anschauung entziehen. All dies trifft zu für die Computernetzwerke. Was kann man sich eigentlich darunter vorstellen? Rasen denn dort lärmende, Kraftstoff verbrennende Fahrzeuge mit hohen Geschwindigkeiten über ein dichtes Netz von asphaltierten Pisten? Solch eine Vorstellung ist natürlich absurd, aber es erscheint sinnvoll, einmal einen genaueren Blick auf Gemeinsamkeiten, Ähnlichkeiten und Unterschiede zwischen diesen beiden zur Zeit verbal zusammengeführten Bahnen zu werfen.

Zunächst ein Blick aus der Distanz: Gemeinsam ist beiden, daß sie - ganz zeitgemäß - der Geschwindigkeit huldigen. Die Impulsübertragung per Kabel oder Funk ist sehr viel schneller als jede Rekordfahrt in der Salzwüste Nevadas. Beide Bahnen werden erst als Netzwerk so richtig nützlich. In einem allgemeinen Verkehrswegenetz mit Dorfstraßen, Fußwegen, Eisenbahntrassen, Kanälen, Schnellstraßen, Tordurchfahrten, Hausfluren und so weiter bilden Autobahnen schnelle Teilstrecken zur Überwindung größerer Distanzen. Aus der elektronischen Netzwelt könnte man bestimmte Schnellverbindungen mit ihnen gleichsetzen, etwa die sogenannten "Backbones", ein Netz von Datenschnellstrecken. Oder die bisher noch als Versuchsstrecken betriebenen ATM-Rennpisten (Asynchrone Transfer Mode), auf denen beim heutigen Stand der Entwicklung mit Geschwindigkeiten zwischen 2 und 155 Megabit pro Sekunde und in nicht all zu ferner Zukunft mit Übertragungsgeschwindigkeiten im Bereich von mehreren Gigabit gearbeitet werden kann (Alesi, 1994).

Abb. 4. Europäische Backbone-Verbindungen (fehlt in der WWW-Version).

Das ATM-basierte Breitband-ISDN (B-ISDN) befindet sich derzeit noch im Entwicklungsstadium und hat ein Pilotnetz mit 192 Anschlüssen zwischen Berlin, Hamburg und Köln im Praxistest (Moritz, 1994). Ähnlichen Versuchscharakter haben die sogenannten Regionalen Testbeds des Vereins zur Förderung des Deutschen Forschungsnetzes (DFN-Verein). Auf diesen Teststrecken werden mit unterschiedlichen Verfahren für die Hochgeschwindigkeitsdatenkommunikation zum einen die Verfahren selbst sowie auch Anwendungen weiterentwickelt (Kaufmann, 1993).

Würde man die oben genannten Backbones mit regulären Autobahnen gleichsetzen, so müßte man die Hochgeschwindigkeitsversuchsstrecken vielleicht besser mit Autorenn- und teststrecken vergleichen. Beide sind (noch) nicht für den allgemeinen Verkehr freigegeben. Der Begriff "Information Superhighway" ist unbestimmt. Er ist an keine definierte Bandbreite gebunden, jedoch scheint es - ähnlich wie bei den Autobahnen - eine Geschwindigkeitsuntergrenze zu geben. Jedenfalls kann man von Experten vernehmen, daß mit "Information Superhighway" eigentlich solche Verbindungsmöglichkeiten gemeint seien, deren Übertragungsraten deutlich über den bisher üblichen 64 kBit/s liegen (Moritz, 1994, S. 102). Der Superhighway ist also heute noch keine Massenverkehrsstrecke wie die Autobahn dies seit Jahrzehnten ist. Es ist nicht einfach möglich, ein gewöhnliches Auto in einen Rennwagen umzuwandeln, bei einem Datenbit ist dies hingegen vergleichsweise leicht machbar, denn Daten haben keine harte Substanz.

Vom technischen Prinzip her geht es bei ATM darum, ganz klein zerlegte Datenpäckchen, die sogenannten Zellen, ganz dicht zusammenzupacken und auf speziellen Datenleitungen auf die Reise zu schicken. An Anfang und Ende des Schnelltransportes, an den Auf- und Abfahrten gewissermaßen, stehen Verladestationen. Auf das Autobahnbild übertragen könnte man sich an den Autobahnauffahrten High-Tech-Schrottpressen vorstellen, die die Fahrzeuge in kleine, genau gleich große Würfelchen komprimieren, sie dann auf ein rasend schnelles Fließband legen und am Reiseende wieder in Normalgröße von der Zielausfahrt runterlassen. Solch ein Verfahren mutet man natürlich nur unbelebten Daten zu.

Von Ähnlichkeiten könnte man auch bei der Transportweise sprechen. Was bei der einen Bahn die Automobile sind, das wären entsprechend bei der anderen die zu transportierenden Daten. Die digitalisierten Daten passieren als Bits die Transportstrecken und werden, wie beispielsweise bei Datex-P der Telekom oder bei der Übertragung in einem der bedeutendsten, weltumspannenden, offenen Rechnerverbünde, dem Internet, zusammengefaßt zu Datenpäckchen. Diese Transportsysteme werden "paketvermittelte Netze" genannt. Im Falle des Internet handelt es sich um Datenpäckchen unterschiedlicher Größe. Autofahrer wissen, wohin die Fahrt gehen soll und steuern ihre Fahrzeuge selbst. Datenpäckchen im Internet hingegen reisen führerlos, und Sender und Empfänger müssen sich auf das korrekte Bearbeiten der dem Päckchen beiliegenden Zieladresse an den Verlade- und Weitertransportstationen verlassen. Bei den Empfängern werden die Datenpäckchen wieder zu vollständigen Dateien zusammengefügt. Apropos Päckchen - das Transportprinzip ließe sich vielleicht besser mit der Arbeitsweise der Post vergleichen. Da aber die "Schneckenpost" die ihr anvertrauten Briefe und Pakete nicht unbedingt mit Lichtgeschwindigkeit transportiert, werden hierzu nicht einmal der Anschaulichkeit halber Parallelen gezogen.

Das Datenpäckchenversandprinzip des Internet (TCP/IP) ist nicht an ein bestimmtes "Strassennetz" gebunden, es funktioniert auf glatten Pisten ebenso wie auf Lehmpfaden. Internet ist so gesehen kein ausschließliches Schnellstraßennetz, sondern ein Übertragungsprinzip, das Autobahnen, Landstrassen, Lehmpfade und Hausflure umfaßt, d. h. Satelliten, Telefonkabel und Glasfaserverbindungen. Bei ATM, einer verbindungsorientiert arbeitenden Technik, werden die "Zellen" nicht einfach so losgeschickt, sondern es wird vor dem Versand eine Verbindung, ein virtueller Kanal, zwischen Sender und Empfänger aufgebaut. Durch diesen Kanal werden die Zellen dann geschickt - die Transportstrecke wird für den jeweiligen Transport "errichtet" und exklusiv zur Verfügung gestellt.

Große Unterschiede in der Nutzung

Nach diesen eher allgemeinen und distanzierten Betrachtungen auf Leitungen und Übertragungen geht es nun um einen Vergleich von Autobahn und Datenautobahn aus der Perspektive der Benutzer. Aus dieser Sicht ist es schon schwerer, Gemeinsamkeiten und Ähnlichkeiten zwischen beiden Bahnen zu erkennen - umso mehr fallen Unterschiede ins Auge. Das fängt bereits bei der "Fahrt" an: Die Nutzerin oder der Nutzer sitzt unbewegt an einem vernetzten Rechner, während die ausgelösten Impulse durch das Netz flitzen. Diese Impulse - die Vehikel? - sind für die Netzbenutzer ziemlich unwichtig. Für die schätzungsweise 25-30 Millionen Internetuser etwa bleibt es im Normalbetrieb unsichtbar, in welche Datenpäckchen die Kommandos oder zu versendenden Dateien zerlegt werden und über welche Route mit welchen Zwischenstationen sie an ihren Zielort gelangen. Das Päckchenbilden und der Transport werden gewissermaßen hinter den Kulissen von den Rechnern erledigt, und auf der Benutzerebene bekommt man nur die Resultate serviert.

Heutige gängige Übertragungsgeschwindigkeiten führen dazu, daß "Fahrzeiten" im Idealfall kaum mehr wahrzunehmen sind. Es gibt - ganz anders als beim Autoverkehr - keine Reisezeiten. Der Traum vom Teleportieren? Tatsächliche geographische Entfernungen sind bedeutungslos in einer virtuellen Netzwelt, in der keine durch die benötigte Zeit wahrnehmbar werdenden Distanzen überwunden werden müssen. Auf dieser besonderen Eigenschaft beruht beispielsweise die Attraktivität des Internet Relay Chat (IRC). Das ist ein über das Internet laufendes Kommunikationssystem, in welchem sich mehrere tausend IRCer zu jeder Tages- und Nachtzeit über bestimmte Themen oder über alles Mögliche on-line miteinander unterhalten, und zwar weitestgehend unabhängig davon, wie nahe oder wie entfernt die Rechner auf der Erde positioniert sind, über die sie per Netz verbunden sind.[20]

Im Netzalltag geht es allerdings heute für die meisten Benutzer nicht so ideal schnell. Überlastete Leitungen führen zum Datenstau, zum "Traffic Jam on the Data Highway" (New York Times v. 2.2.1994). In der Sprache von Netzinsidern ist der Ausdruck "Net-Lag" gebräuchlich. Net-Lag bezeichnet wahrnehmbare "Fahrzeiten" von Start- zu Zielrechner. Die geographische Entfernung spielt dabei eine viel geringere Rolle als die Qualität der Transportwege: Eine Transatlantik-Datenreise London-New York über Internet ist ein Klacks im Vergleich zu einem Datentransport per Akustikkoppler und Telephonleitung von Berlin-Neukölln in den Nachbarbezirk Berlin-Kreuzberg. Den Fahrzeitenunterschied machen die Übertragungsraten aus, nicht etwa die Kilometer.

Anders als Autobahnfahrten richten sich Datenreisen nicht nach der kürzesten Verbindung zwischen zwei Punkten. In einem Hypertext beispielsweise kann - statt bei Alpha zu beginnen und bei Omega zu enden - von einem verknüpften Wort oder Zeichen zu einem anderen "gesprungen" werden. Es ist möglich, einen Hypertext den eigenen Gedankengängen und Interessen folgend zu lesen, ohne einem vorgegebenen Textaufbau wie in herkömmlichen Werken zu folgen. Zwischen dem Lesen eines Hypertextes - dem "Reisen in Hypertexträumen" (Kuhlen, 1991) - auf einem einzigen lokalen Rechner und einem solchen auf - wie weit auch immer entfernten - mehreren vernetzten Rechnern besteht kein sonderlicher Unterschied - vorausgesetzt, die Übertragungsgeschwindigkeiten sind in Ordnung. So arbeitet das rasch an Popularität gewinnende World Wide Web (WWW), eine riesige Datenbank, in der alle Internet'er Daten lesen und schreiben können. Per Hyperlink wandern die Informationssuchenden in den Texten, die nicht nur aus Schrift, sondern zunehmend auch aus Bildern und Tönen bestehen, von Information zu Information, ganz unwichtig auf welchen Rechnern wo in der Welt diese Informationen lagern.

Die Navigation in der Nicht-Linearität der Hypertexte auf einem Lokalrechner und in einem Netz wie dem WWW stellt an das Orientierungsverhalten der Lesenden andere Anforderungen als die Navigation in einem linearen Verkehrswegenetz, wo simple zweidimensionale Karten ausreichen, um eine bestimmte Strecke zu fahren (Kuhlen, 1991, S. 132 ff.). Statt an herkömmlichen Orientierungskonzepten festzuhalten, die in komplexen Räumen kaum noch praktikabel sind, kann die Navigation auch Programmen überantwortet werden, die schneller als Menschen große Datenbestände nach bestimmten Informationen durchsuchen können. Sind diese Programme, "...intelligent software animals sometimes called knowbots" (Batty & Bahr, 1994, S. 609) etwa die Vehikel, die die Datenautobahnen befahren?

Der wichtigste Unterschied zwischen Autobahnen und Datennetzen ist im Grunde die Raumwahrnehmung der Benutzer. In Netzen wird nicht nur eine Information, z.B. ein elektronischer Brief, von A nach B transportiert, vielmehr kann man sich in Netze "hineinbegeben", sich dort "aufhalten", "wohnen", "arbeiten", "leben" (Helmers, 1994).

Räumliche Metaphern als Alternative zur "Datenautobahn"

Die Raumempfindung findet sich häufig bei Metaphern, die Netzinsider selbst verwenden. Es kursieren recht unterschiedliche räumliche Metaphern. Auf einen Science Fiction Roman, Neuromancer, von William Gibson (1987), geht die verbreitete Rede vom "Cyberspace" zurück. Dieser Roman hat den Begriff populär gemacht, er ist jedoch nicht der Erfinder. Gibsons Romanheld ist ein sich durchs Leben schlagender "Consolen Cowboy" in einer nicht all zu fernen, düsteren Zukunft, der sich über einen im Körper eingepflanzten Stecker unmittelbar mit den Rechnernetzen verbindet. Heute realisierte Alternativen zu Tastatur und Maus sind Spracherkennungssysteme und Bewegungsabnehmer wie Datenhandschuhe , -brillen oder auch ganze Datenanzüge.

Die räumlichen Qualitäten der Netzwelten sind, wie oben bereits anhand der "Fahrzeiten" und der Navigation angesprochen, von der realweltlichen Geographie sehr verschieden: "raumloser Raum", "neues" oder "paralleles Universum" (Ogden, 1994). Wenn man große Worte dazu mag, könnte einem eine Bemerkung gefallen wie diese: "...within a generation, it is destined to change our view of geography as dramatically as anything since the cartography of Claudius Ptolemy" (Batty & Barr, 1994, S. 699).

Außer dem "raumlosen Raum", dem Cyberspace, sind im Netz eine Reihe von Siedlungsmetaphern in Gebrauch. Anders als Autobahnnetze, die allein dem Transit dienen, werden Datennetze "bewohnt" von "Net'ern" oder "Netizens" (Hauben & Hauben, o. J.). Die Siedlungsformen sind weitgespannt und reichen vom "globalen Dorf" bis zur "Digitalen Stadt" oder "Electropolis" (Reid, 1991). "Netizens" oder "Datenreisende" bewegen sich in den virtuellen Räumen der Netze in einer Weise, die - anders als beim Autofahren - zur Kommunikation einlädt. Netznutzer haben einen - oder manchmal auch mehrere - "Heimathäfen", d.h. Netzrechner, von denen aus sie ihre Datenreisen antreten, umherschweifen oder bestimmte "Orte" im Netz aufsuchen. Diese Startrechner als "Parkplatz" oder "Garage" zu titulieren, wäre kaum angemessen. Passender sind Vergleiche mit "Archiv", "Schreibtisch", "Sofa", "Werkbank", "Spielfeld" oder "Labor".

Neben den oben genannten Siedlungsmetaphern finden sich im Netz kleine "Räume", in denen die Siedlungsformen im Wortsinne in Form von konkreter Software realisiert - fast könnte man sagen `materialisiert' - werden. Dies sind zum Beispiel die etwa 200 bis 300 derzeit existierenden Multi User Dungeons (MUDs). MUDs bzw. MOOs (MUDs Object Oriented) bestehen aus "ASCII-Materie", aus Programmen, aufgrund derer die Bewohner oder Gäste eines MUDs den Raum des MUDs und ihre Aktionen in diesem beschreiben (Turkle, 1994).

Größer dimensionierte "Orte" in der Netzwelt sind "digitale Städte". 1993 wurde die erste digitale Stadt in Europa gegründet. Als gemeinsames Projekt der holländischen Hackervereinigung Hack-Tic und des Politik- und Kulturzentrums De Balie wurde mit finanzieller Unterstützung der Stadtverwaltung, die selbst auch aktiv daran beteiligt ist, in Amsterdam ein System eingerichtet, das per eigenem Modem oder per öffentlichem Terminal einen Zugang zur digitalen Stadt und zum Internet ermöglicht.

Howard Rheingolds (1993) virtuelle Gemeinschaft, die im "Netz", in der "Matrix", im "globalen Dorf" oder welchem Ort auch immer residiert, hat sich nicht als "Fahrgemeinschaft" von in Autos eingeschlossenen, über Pisten rasenden Individualverkehrsteilnehmern gebildet. Sie beruht auf Kommunikationen und Interaktionen von "Netizens" oder "Datenreisenden", die sich kaum mit der Fahrerei auf Straßen in gedankliche Nähe bringen lassen.

6 5. Überredende Ähnlichkeiten
  Fast jedes Netz erhält in den Medien derzeit den Beinamen "Datenautobahn" - ob digitale Telefonleitung oder Breitbandverbindung. Die Fachwelt kann auch kaum Auskunft geben über ihre technische Gestalt.

Die Datenautobahn transportiert vor allem ihren Bildgehalt, den eine Terminologisierung eher schwächen würde. Sie besitzt Ausstrahlung und kommt der Lust entgegen, die jedem Vergleich innewohnt. Das "Vermittelte Breitband-Netz" gibt sich dagegen als eher sprödes Wesen, dessen Reize sich nur Eingeweihten enthüllen. Das Autobahn-Bild kann auf ungleich stärkere Resonanz hoffen, denn beim Autovergleich scheint jede(r) sofort alles zu verstehen.[21] Strategisch konzipiert und präzise plaziert, evoziert die Datenautobahn Evidenz- und Transparenzeffekte, die sich als Mittel für Überredungsdiskurse verwenden lassen. Offen für vielfältige Bezüge, meint das Bild nicht immer all das, was es "an sich" meinen könnte. Meist ist es nur ein ganz bestimmter Aspekt, dem im jeweiligen Kontext die Rolle einer überredenden Ähnlichkeit zukommt.

Hochgeschwindigkeits-Kommunikation

Das Autobahn-Bild akzentuiert auf doppelte Weise (hohe) Geschwindigkeit: die Autobahn ist schnellen Fahrzeugen vorbehalten und auf ihr braust der Verkehr so richtig. Auf die "Schnelligkeit" einer Datenautobahn stellte beispielsweise die Werbung für das diensteintegrierende Digitalisierungsprojekt der Deutschen Bundespost in den 80er Jahren ab.[22] Die Rede von der "elektronischen Autobahn" zielte von vorneherein auf Kunden aus der Geschäftswelt, für die "Schnelligkeit" eine wesentliche Prämisse im Selbstverständnis, Zeit gewissermaßen Geld und der Wettbewerb ein grundlegendes Orientierungs- und Verhaltensmuster ist. Durch die Beschleunigung der Kommunikation, so die Botschaft, sollen Unternehmen "Wettbewerbsvorteile herausfahren" können. "Hochgeschwindigkeitskommunikation" erscheint als "Vorsprung", der "im Rennen um die Zukunft entscheidend" sein kann. Mit dem Autobahn-Bild konnte die Post auch ihre Lieferfirmen auffordern, die passenden "schellen Fahrzeuge" zu entwickeln. Die Fernmeldeindustrie wiederum warb für ISDN-Endgeräte, indem diese bildlich und sprachlich in die Nähe von Sportwagen gerückt wurden.

Die im Autobahn-Bild der ISDN-Werbung akzentuierte Beschleunigung der Kommunikation ist nicht nur ein Musterbeispiel der interdiskursiven Kombinatorik des Bildes (integriert werden in diesem Fall das ISDN-Netz der DBP/Telekom,

[Bild einer Telekom-Werbung]
Abb. 5. Telekom-Werbung

die ISDN-Geräte der Fernmelde-Industrie und die Kommunikationsbedürfnisse der avisierten Geschäftskunden). Es verrät auch etwas über das ISDN-Projekt selbst, das - als Antwort auf die Anforderungen der Telekommunikation von morgen konzipiert - 1989 nur mit den vorher bereits angebotenen Diensten eingeführt wurde: die Orientierung an der Prozeßinovation dominierte am Ende gegenüber der Produktinnovation.[23] Dieses Muster strukturiert auch weiterhin den Werbediskurs, nachdem der "Informationsverkehr" auf den "Datenautobahnen der Telekom" seit der ökologischen Wende zunehmend als Beitrag zum Umweltschutz ("...produziert weder Abgase noch Staus...") in den Mittelpunkt gerückt ist.[24]

Datenautobahnen als Infrastrukturinvestition

Wir wissen nicht, ob Investitionspolitik und Ausbaustrategien der Deutschen Bundespost tatsächlich den Kontext für den ersten öffentlichen Auftritt der Datenautobahn bildeten. Zum diskursiven Ereignis mit weltweiter Resonanz wurde sie jedenfalls erst durch den geplanten "Information Superhighway" der Clinton/Gore-Administration, der in weiten Strecken die Bühne für eine nationale Pathetik abgibt. "Technology for America's Economic Growth: A New Direction to Build Economic Strength" lautete der Titel des Weißbuchs, in dem der frisch gewählte Präsident Clinton die Datenautobahn auf die politische Agenda setzte. Vizepräsident Gore warb schon länger für die Idee eines nationalen Netzwerks mit einem staatlich geförderten "Data Superhighway" als Herzstück.[25] Unter seiner Federführung wurde Anfang der 90er Jahre ein informationstechnisches Forschungs- und Entwicklungsprogramm, das High Performance Computing and Communications (HPCC) Program, eingerichtet, dem 1994 als Folge der NII-Inititive eine neue Komponente (Information Infrastructure Technology and Applications/IITA) hinzugefügt wurde, um Anwendungen von "nationaler Bedeutung", etwa im Bibliotheks- oder Gesundheitsbereich, zu entwickeln.[26]

Die staatlichen Fördermittel für ein Projekt dieser Größenordnung nehmen sich eher bescheiden aus: in das HPCC Programm flossen im Jahre 1994 knapp eine Milliarde Dollar aus Bundesmitteln; die IITA-Komponente wurde mit zusätzlichen 94 Millionen gefördert. Der "Information Superhighway" ist daher vor allem ein Beispiel, wie Reden über Technik soziale Dynamik in Gang setzen und - möglicherweise - neue Technik erzeugen kann. Die Datenautobahn dient hier nicht nur als Sinn-, sondern auch als Leitbild. In den Worten Al Gores (1991, S. 111): "Already the national network as an idea is serving as a catalyst for action." Mehr als nur ein Slogan zur Politik-Vermarktung gegenüber der Öffentlichkeit zielt sie darauf, interpretative und institutionelle Weichenstellungen zu erzeugen oder zu stabilisieren.[27]

"Datenautobahnen als Infrastrukturinvestition" ist eine solche Interpretation, die je nach - nationalem - Kontext durchaus unterschiedliche Funktionen und Modalitäten annehmen kann und wendig genug ist, um den nationalen Rahmen zu übersteigen. So kann die Europäische Union eine grenzüberschreitende Infrastrukturpolitik - und damit den Anspruch auf eine Stärkung ihrer finanzpolitischen Autonomie - legitimieren, indem sie "Informations-Schnellstraßen" zum Mittel der "Vollendung des Binnenmarkts" stilisiert.[28]

Informationsverkehr

Welches sind nun die Elemente der noch visionären Informationsgesellschaft, für die der Auf- und Ausbau von Datenautobahnen erfolgt? "Imagine", heißt es beispielsweise im Aktionsplan zur NII-Initive, "You could live in many places without foregoing opportunities for useful and fulfilling employment, by telecommuting to your office through an electronic highway instead of by automobile, bus or train." Stell Dir vor, nicht einzelne Arbeitnehmer, sondern verteilte Organisationen "pendeln fern" wie es etwa im (Pilot-)Projekt POLIKOM erprobt wird: dieser "Informations-Highway auf Glasfaserbasis" soll nach einem teilweisen Umzug der Bundesregierung nach Berlin als "Kommunikationsbrücke Bonn-Berlin" dislozierte Verfassungsorgane via Telepräsenz und Telekooperation miteinander verbinden.[29] Stell dir vor, die "CAD-Datenbahn" realisiert den reibungslosen Transfer von tausenden Gigabyte an Konstruktionsdaten zwischen Automobilherstellern und ihren Zulieferern.[30] Stell dir vor, einer der Video Server, die landesweit verteilt aufgestellt sind, "pumpt" einen 90-minütigen Spielfilm (500 GigaByte Speicherbedarf, komprimiert ca. 2 GigaByte) via "Data Highway" auf den heimischen Bildschirm.[31] Stell dir vor, es gibt ein System, daß das wohnzimmergroße dreidimensionale Hologramm eines Fußballspiels übertragen kann.[32]

Abb. 6. Informationsverkehr fehlt in der WWW-Version. Blinde Flecken

Die genannten Beispiele deuten auf die Selektivität des Autobahn-Bildes auf der Anwendungsebene: Die Straße ist der privilegierte Ort des Verkehrs und der Massen - das gilt auch für die Datenautobahn. Datenkommunikation wird nivelliert zum "Informationsverkehr", und der soll fließen, am besten vom Produzenten zum Konsumenten: alles wird Frachtgut. (Multimedialer) Schwerlast-Verkehr hat Vorrang.

Die "Automobilisierung" der Computernetze schafft ein fast unerschöpfliches Reservoir kollektiv verfügbarer Anspielungen, ermöglicht Befürwortern wie Gegnern treffende Vergleiche und reizt zu originellen Wendungen ("A Superhighway through the Wasteland?", New York Times v. 24.11.1993). Als Sprungbrett der Imagination hat sie jedoch auch ihren Preis. Sie wirkt als Wahrnehmungsfilter gegenüber Formen der netzartigen Kommunikation, deren Inbegriff nicht Transfer und Distribution, sondern Dialogizität und Soziabilität sind.

Die Datenautobahn ist unvereinbar mit einer Sichtweise, in der Information kein Transportgut, sondern eine Aktivität, eine Lebensform und eine Beziehung ist (Barlow, 1994, S. 59): "Stell dir vor, wir sind über Telefon und Modem in einem gemeinsamen holographischen Cyberspace verbunden. Wir könnten uns von jedem Ort der Erde eintunen, in jeder beliebigen Form. Ich als Hummer, du als Bügeleisen." (John Perry Barlow, zit. n. Reman, 1991, S. 16) Das Autobahn-Bild verhüllt die "mobilisierende Kraft" der elektronischen Medien (Enzensberger, 1970, S. 160), die die Menschen beweglicher macht. Wer Datenautobahnen baut, will sie herumschicken.

7 6. Vor einer neuen Beziehung von Verkehrs- und Informationstechnik?
  Die Vernetzung schneller Datenübertragung ist per se noch keine sinnvolle technische Innovation. Was soll eigentlich warum übertragen werden? Ein Markt entsteht nicht allein aufgrund der Etablierung einer leistungsfähigen Infrastruktur, zumindest rudimentär müssen individuelle und gesellschaftliche Bedürfnisse tangiert sein. Die Protagonisten der informationstechnischen Ausbaustrategie kaprizieren sich in ihrer Suche nach neuen Anwendungen gerne auf den private user, der - so wird unterstellt - nach ständig neuen informationstechnischen Sensationen dürste. Die erhofften Massenmärkte für neue Dienste, die via vernetzte Datenübertragung realisiert werden, sind keinesfalls sicher. Am ehesten zeichnet sich derzeit in den Feldern einer individualisierten Television, "video on demand", (kollektiver) Spiele und in verschiedenen Formen von Interaktivität zwischen Anbietern und Nachfragern ein mögliches Produktprofil ab. In den Sternen steht bei den beginnenden Multimedia-Aktivitäten aber weiterhin die Schnittstellenproblematik und ihre flächendeckende und verbindliche Standardisierung. In einer Studie der Prognos AG werden die Marktchancen für interaktives Fernsehen, eines der mit den derzeit größten Hoffungen verbundenen Geschäftsfelder der Medien-Zukunft, skeptisch eingeschätzt. Demnach müsse davon ausgegangen werden, daß zwei Drittel der Fernseh-Zuschauer das Fernsehen lediglich passiv nutzen wollen und für "video on demand" wenig übrig haben dürften, während nur das restliche Drittel der Zuschauer als potentielle Kunden in Betracht komme.[33] Das verbleibende Drittel, das im wesentlichen von den bildungs- und einkommensprivilegierten Schichten gebildet wird, pflege zudem einen breiter gefächerten Medienkonsum und müsse als TV-Wenigseher eingruppiert werden. Medienforscher sprechen vor dem Hintergrund unsicherer Nutzungs- und Marktchancen, die hier erörterte Metapher in kritischer Intention aufnehmend, auch von der "Datenautobahn mit Schlaglöchern."[34]

Wo liegen die für Netzanbieter und -betreiber so lukrativen neuen Anwendungspotentiale für die mit dem Begriff Datenautobahn bezeichnete neue informationstechnische Infrastruktur? Vielleicht offenbart sich die Ironie der Geschichte der ambivalenten Analogiebildung Datenautobahn darin, daß ein zentrales künftiges Anwendungsfeld der schnellen und vernetzten Datenübertragung der Verkehr und möglicherweise sogar die altehrwürdige Autobahn ist. Die aktuellen Entwicklungen in den Verkehrsleit- und Verkehrsinformationssystemen bieten dafür einige Anhaltspunkte. Aus einer Vielzahl von Insellösungen der Leit- und Informationssysteme für den Automobilverkehr könnten eine Integration und Vernetzung erwachsen, die, verbunden mit der weiteren Verbreitung des Mobiltelefons, einen neuen informationstechnischen Markt konstituieren. Hinzu kommen in der Fläche verknüpfte elektronische Mautsysteme, die bisher noch für Einzelstrecken und einzelne Ballungsräume vorgesehen werden. Die wesentlichen Segmente dieses Marktes automobiler Informationstechnik deuten sich in diversen Pilotversuchen und Forschungsprojekten an, die auf europäischer Ebene im PROMETHEUS-Programm und in Deutschland beispielsweise als CoPilot, einem elektronischen Straßenführer, sowie im ersten Praxistest eines Road-Pricing-Systems auf der Autobahn Bonn-Köln technisch erprobt werden. Weiterhin laufen eine Reihe von regionalen Konzepten des "Kooperativen Verkehrsmanagements" in deutschen Großstädten, an denen die Autoindustrie wesentlich beteiligt ist und die allesamt auf eine informationstechnische Unterstützung setzen.[35]

Es bietet sich konzeptionell geradezu an, die noch getrennten Informations-, Leit- und Kostenabrechnungssysteme in einer voll integrierten Netzstruktur zu denken. Diese Vision ist nicht neu. Die am weitesten gehende Vorstellung stammt von einem Informatiker, der sich seit langem mit Verkehrsfragen beschäftigt. Haefners Kritik an den zu bescheidenen, weil nicht integrierten Zielen der laufenden informationstechnisch basierten Verkehrsforschungen ist mit einer Vision des "intelligenten Straßenverkehrs" verbunden. Er fordert statt weiterer informationstechnischer Hilfsprothesen für das klassische Auto vielmehr ein vollautomatisches Automobil: "Im Auto-Mobil gibt es mehrere kooperierende Höchstleistungs-Rechner, die Ortung, Navigation und Verhinderung von Kollisionen aller Art bewerkstelligen. Er nutzt eine extrem hochauflösende dreidimensionale digitale Straßenkarte (...). Aktuelle Änderungen der Straßenkarte können z.B. über Radio (RDS) selektiv empfangen und zur Aktualisierung der Karte genutzt werden. Durch eine - gegebenenfalls satellitengestützte - Präzisionsortung kann das Fahrzeug jederzeit sehr genau geführt werden." (Haefner, 1991)

Wenn ein zentrales Anwendungsfeld künftiger Informationstechnik, inklusive ihrer Übertragungsinfrastruktur, im Bereich individuellen Verkehrs liegt, könnte zugleich eine zweite - eher überraschende - Wirkung eintreten, nämlich die Effektivierung und Restabilisierung des durch eine Vielzahl von Dysfunktionalitäten beeinträchtigten motorisierten Individualverkehrs und des von Erosionen bedrohten Leitbildes des Automobils. Denn mithilfe von Informations- und Leitsystemen ließe sich möglicherweise eine bessere Ausnutzung des bestehenden Straßenraumes erreichen und Staubildung vermeiden oder zumindest begrenzen.[36] Ein flächendeckendes Road pricing mit Benutzungsgebühren, die nach Belastungsgrad, Tageszeiten und nach Fahrzeugtypen differenziert sind, könnte durchaus eine gewünschte Lenkungs- und Begrenzungswirkung auf den motorisierten Individualverkehr entfalten und damit die Folgen des Verkehrswachstums mindern helfen. Plausibler als die naive Substitutionsthese, mit der auch die Telekom hausieren geht und wonach physischer Transport durch immateriellen Transport in nennenswertem Umfang ersetzt werde, ist vielmehr die Komplementaritätsthese, die eine Ergänzung und Reeffektivierung des automobilen Verkehrs durch informationstechnische Infrastrukturen und Dienste behauptet. Voller Optimismus stecken sowohl die Substitutionsthese als auch die Komplementaritätsthese. Die meisten Vertreter beider Thesen eint die Erwartung, daß die Verkehrsprobleme von heute mit der Informationstechnik von morgen gelöst werden könnten.

8 7. Horizonte
  Abschließend möchten wir - auf den Schultern von Riesen - der Frage nachgehen, ob die Verbindung von Kommunikations- und Verkehrstechnik womöglich durch geheime Fäden zusammengehalten wird, die jenseits explikativer Analogien, verführerischer Metaphern und realtechnischer Kopplungen auf tieferliegende Strömungen in der Geschichte der Menschheit verweisen.

Folgt man dem Kulturwissenschaftler Wolfgang Sachs, mag eine informationstechnische Reeffektivierung den Niedergang des motorisierten Individualverkehrs vielleicht verzögern, aufhalten wird sie ihn nicht. Das Auto, das in seiner Geschichte stets mehr als ein bloßes Transportmittel und immer auch in einen Mantel von Wunschwelten gehüllt war, hat seine Zukunft offenkundig hinter sich, denn der Automobilismus ist nicht nur technisch und wirtschaftlich, sondern auch kulturell ein überholtes Projekt. Auch die intelligente Autobahn ändert nichts daran, daß die Eroberung des geographischen Raumes letztlich in Verstopfung endet. Die elektronischen Medien und die Abenteuer im mentalen Raum, die sie verheißen, kommen da gerade rechtzeitig, um jenen Enthusiasmus wiederzubeleben, der dem Autofahrer abhanden gekommen ist (Sachs, 1984, S. 250-254). So gesehen, wäre die Erfolgsgeschichte der Datenautobahn-Metapher ein Indiz dafür, daß die Kommunikationstechnik den Automobilismus am Ende auch mentalitätsgeschichtlich beerbt und den Stolz der Ungebundenheit, die Geschwindigkeitsliebe und das Komfortgefühl auf sich zieht, welche sich früher mit der "Rennreiselimousine" verbanden.

Paul Virilio sieht im Wachstum der Kommunikationsnetze mit dem Auto auch den Raum verschwinden. Virilio, der seine Theorie von der Geschwindigkeit als Medium der Menschheitsgeschichte Dromoskopie - Beobachtung eines Wettlaufs - nennt, würde sagen: Die jüngste Entwicklung des Autos beweist den Mangel an ernsthafter Konkurrenzfähigkeit mit den Telekommunikationsmitteln. Das automobile Vehikel gleicht sich immer mehr einem häuslichen Zubehör an, verkörpert durch das Mobiliar, die Stereoanlage, das Funktelefon... Es scheint tatsächlich so zu sein, als kündigt sich Ende dieses Jahrhunderts mit dem Bau von Datenautobahnen die kurz bevorstehende Durchsetzung einer letzten Generation von Fernverkehrsmitteln an, die das motorgetriebene Vehikel ablösen. Diese audiovisuellen Vehikel werden unsere physischen Fortbewegungen ersetzen und in der Verlängerung der häuslichen Bewegungslosigkeit eine letzte Veränderung bewirken: die endgültige Seßhaftigkeit (Virilio, 1992). Sind die Datenautobahnen also eine neue Geschwindigkeitstechnologie, die am Ende die menschliche Gattung zu einer pathologischen Unbeweglichkeit führt? Werden mit der Durchsetzung einer weltweiten Echtzeit die Besonderheiten des Realraums der Regionen ausgelöscht? Wird die "Immaterialität der `Telekontinente' (...) unseren Alten Kontinent zum Verschwinden" bringen (Virilio, 1994)?

Dagegen ließe sich einiges einwenden. Mit Peter Sloterdijk (1992) ist darauf hinzuweisen: In allen Zuständen der Seßhaftigkeit kommt es zu einer Art Wiederkehr des Überholten, zu einem mehr oder weniger verborgenen Einsickern nomadischer Lebensformen in den Kosmos des sitzenden und ortsgebundenen Daseins. Das moderne Verkehrswesen hat alle Punkte irdischen Festlands untereinander durch ein Netz von technisch ermöglichten Brücken verbunden. Insofern verbirgt sich im Automobilismus - Luft- und Seefahrt hinzugerechnet - ein pangäisches Abenteuer, das den Zusammenhang allen Festlands reinszeniert und die virtuelle Wiederherstellung jenes Urkontinents Pangäa ermöglicht, den die Geologen in ältester Zeit aus dem Urmeer auftauchen ließen und der alle Erdteile in einer einzigen Festlandsscholle vereinigte. Spinnen wir diesen Faden weiter: Wird nicht auch die Datenreisende beim Log-in ins Netz für den Bruchteil einer Sekunde von der Ahnung gestreift, daß sie - wenn sie nur wollte - mit ihrem Computer die Erde umrunden könnte, ganz wie der Autofahrer, der sich am Morgen ans Steuer setzt, um zur Arbeit zu fahren?

Abb. 7. Transgressing the Information-Superhighway fehlt in der WWW-Version.

Literatur
  Alesi, Petra, "Maximale Geschwindigkeit: `High Speed Networking' - ein relativer Begriff", Gateway, Juli/August 1994, 90-92.

Barlow, John Perry, "Wein ohne Flaschen. Globale Computernetze, Ideen-Ökonomie und Urheberrecht", Lettre, Heft 26 (1994) 57-63.

Batty, Michael & Bob Barr, "The Electronic Frontier. Exploring and Mapping Cyberspace", Futures 26/7, 1994, 699-712.

BMFT: Bundesministerium für Forschung und Technologie, Zukunftskonzept Informationstechnik. Eine aktuelle Forschungsübersicht. Bonn, Juli 1994.

Bockholt, Andrea; Kohl, Sandra; Schlosser, Horst Dieter & Susanne Schmid, ISDN - Eine Technik auf dem Weg zur Allgegenwart. Sprachlich repräsentierte Leitbilder einer neuen Informations- und Kommunikationstechnik. Frankfurt/Main (Verlag der Gesellschaft zur Förderung arbeitsorientierter Forschung und Bildung) 1993.

Canzler, Weert & Knie, Andreas, Das Ende des Automobils. Fakten und Trends zum Umbau der Autogesellschaft. Heidelberg (C. F. Müller) 1994.

CPSR: Serving the Community: A Public Interest Vision of the National Information Infrastructure, Computer Professionals for Social Resonsibility. Palo Alto, 1993.

Dierkes, Meinolf; Hoffmann, Ute & Lutz Marz, Leitbild und Technik. Zur Entstehung und Steuerung technischer Innovationen. Berlin (edition sigma) 1992.

EG-Kommission, Wachstum, Wettbewerbsfähigkeit und Beschäftigung. Herausforderungen der Gegenwart und Wege ins 21. Jahrhundert - Weißbuch. Luxemburg (Amt für Veröffentlichungen der Europäischen Gemeinschaften) 1994.

Enzensberger, Hans Magnus, "Baukasten zu einer Theorie der Medien", Kursbuch 20, März 1970, 158-186.

Frank, Hans-Joachim & Norbert Walter(Hg.), Strategien gegen den Verkehrsinfarkt, Stuttgart (Schäffer-Poeschel) 1993.

FY 1994 Blue Book: High Performance Computing and Communications: Toward a National Information Infrastructure. (http://www.hpcc.gov/blue94/index.html)

FY 1995 Blue Book: High Performance Computing and Communications: Technology for the National Information Infrastructure. (http://www.hpcc.gov/blue95/index.html)

Gore, Al, "Infrastructure for the Global Village", Scientific American 265, September 1991, 108-111.

von Grote, Claudia; Helmers, Sabine; Hoffmann, Ute & Jeanette Hofmann (Hg.), Kommunikationsnetze der Zukunft. Leitbilder und Praxis. Dokumentation einer Konferenz am 3. Juni 1994 im WZB. WZB Discussion Paper FS II 94-103. Berlin 1994.

Haefner, Klaus, "Das vollautomatische Auto-Mobil", Universitas, Heft 6/1991, 533-540.

Halal, William, E., "The Information Technology Revolution. Computer Hardware, Software, and Services into the 21st Century", Technological Forecasting and Social Change 44, 1993, 69-86.

Hauben, Michael & Ronda Hauben, The Netizins and the Wonderful World of the Net:

An Anthology. (ftp://wuarchive.wustl.edu/doc/misc/acn/netbook/)

Heilemann, Ullrich & Hanns Dietrich von Loeffelholz, "Wachstum durch Transeuropäische Netze? Zum Infrastrukturprogramm des Weißbuchs", in Bringt die EU-Beschäftigungsoffensive den Aufschwung? hg. v. H. König. Baden-Baden (Nomos) 1994, 83-100.

Heldman, Robert K., Information Telecommunications. Networks, Products, and Services. New York (McGraw-Hill) 1994.

Helmers, Sabine, Internet im Auge der Ethnographin, WZB Discussion Paper FS II 94 -102. Berlin 1994 (http://duplox.wzb.eu/docs/ding/)

Kaftan, Kurt, Der Kampf um die Autobahnen. Berlin 1955.

Krostitz, Boris & Dietmar Köthner, "High-Tech als Bremse für notwendigen Strukturwandel", Internationales Verkehrswesen 45/11, 1993, 649-652.

Kubicek, Herbert, Steuerung in die Nichtsteuerbarkeit. Die erstaunliche Geschichte des deutschen Telekommunikationswesens. WZB Discussion paper FS II 93-504, Berlin, 1993.

Kuhlen, Rainer, Hypertext. Ein nicht-lineares Medium zwischen Buch und Wissensbank. Berlin (Springer) 1991.

Kunze, Thomas & Rainer Stommer, "Geschichte der Reichsautobahn", in Reichsautobahn. Pyramiden des Dritten Reiches, hg. v. R. Stommer. Marburg (Jonas) 1982, 22-32

Lärmers, Karl, Autobahnbau in Deutschland 1933 bis 1935. Berlin 1975.

Link, Jürgen & Siegfried Reinecke, "`Autofahren ist wie das Leben'. Metamorphosen des Autosymbols in der deutschen Literatur", in Technik in der Literatur, hg. v. Harro Segeberg. Frankfurt/M. (Suhrkamp), 1987, 436-482.

Ludwig, Karl-Heinz, Technik und Ingenieure im `Dritten Reich'. Königstein (Droste) 1979.

Moritz, Peter, "Autobahn-Baustelle. Die Daten-Highways der Telekom", c't Magazin für Computertechnik, Oktober 1994, 102-109.

Negroponte, Nicholas, "Products and Services for Computer Networks", Scientific American 265, September 1991, 76-83.

Neumann, Karl-Heinz, "Multimedia und Information Highways - Wo sind die Deutschen?", WIK Newsletter Nr. 15, Juni 1994, 1-2.

Ogden, Michael R., "Politics in Parallel Universe. Is there a Future for Cyberdemocracy?" Futures 26/7, 1994, 713-729.

Prätorius, Gerhard, Das PROMETHEUS-Projekt. Technikentstehung als sozialer Prozeß. Wiesbaden (Gabler) 1993.

Raport Thery: Les autoroutes de l'information. Raport au Premier Ministre. Gérard Théry. Paris (La documentation Française) 1994.

Reid, Elizabeth, Electropolis. Communication and Community on Internet Relay Chat. University of Melbourne, Department of History, 1991. (ftp wuarchive.wustl.edu, doc/EFF/cud/papers/electropolis.ps.z.)

Remann, Micky, "Cyber, Cyber über alles?" in Cyberspace. Ausflüge in virtuelle Wirklichkeiten, hg. v. M. Waffender. Reinbek b. Hamburg (Rowohlt) 1991, 15-19.

Rheingold, Howard, The Virtual Community. Homesteading on the Electronic Frontier. Reading (Addison-Wesley) 1993.

Rheingold, Howard, "Civic Networking: If you had an Information Superhighway: Where would you go?" Whole Earth Review (Spring 1994) 26-27.

Seidler, Kai, Computerfreaks like 2 party. Relay Parties zwischen Virtualität und Realität. WZB Discussion Paper FS II 94-104. Berlin 1994. (http://duplox.wzb.eu/rps/)

Shade, Leslie Regan, "Gender Issues in Computer Networking", in Breaking Old Boundaries: Building New Forms. Propceedings of the 5th IFIP International Conference on Women, Work, and Computerization, hg. v. A. Adam & J. Owen. Manchester, Juli 1994, 148-162.

Sloterdijk, Peter, "Die Herrschaft der Kentauren. Philosophische Bemerkungen zur Automobilität", FAZ-Magazin, Heft 634, 24.4.1992, 28-38.

Stommer, Rainer (Hg., unter Mitwirkung v. Claudia Gabriele Philipp), Reichsautobahn - Pyramiden des Dritten Reichs. Analysen zur Ästhetik eines unbewältigten Mythos. Marburg (Jonas) 1982.

Tu, Putch, "Route 666. Transgressing the Information Highway", Emigre No. 32/Fall 1994, 25-30.

Turkle, Sherry, "Constructions and Reconstructions of Self in Virtual Reality: Playing in the MUDs", Mind, Culture and Activity 1/3, Summer 1994, 158-167.

Virilio, Paul, "Das letzte Vehikel", in Rasender Stillstand. Essays, P. Virilio. München (Hanser) 1992, 36-68.

Virilio, Paul, "Im Würgegriff der Zeit", Die Zeit, Nr. 46, 11.11.1994, S. 63.

Waldgrave-Report: Infomation Superhighways: Opportunities for Public Sector Applications in the UK. A Government Consultative Report, May 1994. (ftp.demon.co.uk/pub/doc/ccta/Report1-UKgovt-InfoSuperhighway.txt)

Weyer, Johannes, "`Reden über Technik' als Strategie sozialer Innovation. Zur Genese und Dynamik von Technik am Beispiel der Raumfahrt in der Bundesrepublik", in Gesellschaftliche Steuerungsrationalität und partikularistische Handlungstrategien, hg. v. M. Glagow, H. Willke & H. Wiesenthal. Pfaffeneiler (Centaurus) 1989, 81-114.

Werle, Raymund, Telekommunikation in der Bundesrepublik. Expansion, Differenzierung, Transformation. Frankfurt/M. (Campus), 1990.

Williams, Frederick, "The Information Infrastructure in Technopolis: The Intelligent Network", in The Technopolis Phenomenon. Smart Cities, Fast Systems, Global Networks, hg. v. D. V. Gibson, G. Kozmetsky & R. W. Smilor. Boston (Rowman & Littlefield) 1992, 87-102.

Abbildungsnachweise
  Abb. 1. http://www.nordwest.germany.eu.net/nda/nda.html

Abb. 2. Heldman, 1994, S. 17

Abb. 3. Stommer, 1982, S. 117

Abb. 4. Batty & Barr, 1994, S. 702.

Abb. 5. Telekom-Anzeige in der Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 6.9.1994

Abb. 6. EG-Kommission, 1994, S. 39.

Abb. 7. Tu, 1994, S. 30

Fußnoten
  1 Die Zeit Nr. 47, 18.11.1994, S. 88

2 Die Rede AL Gores vor dem Presseclub im Dezember 1993 ist online über http://www.hpcc. gov/white-house/gore.nii.html verfügbar und gedruckt nachzulesen in v. Grote et al., 1994, 17-26. Die NII-Agenda (National Information Infrastructure: Agenda for Action) sowie weitere NII-bezogene Dokumente finden sich unter http://sunsite.unc.edu/nii/toc.html.

3 Wayne McDilda, Architekt der texanischen Datenautobahn (gopher://sol.stac.dir.texas. gov:70/) erläutert zur Philosophie des Netzes: "The fourth reason for 'The Highway' was to see how far the cliche of the -Information Highway- could be extended. It seems that the cliche can be extended a very long way, and we must live with the exploitation of that term for quite some time."

4 VDI-Nachrichten v. 2.9.1994, S. 10. Der North Carolina Information Highway ist zu erreichen über http://ncih.osc.state.nc.us/.

5 "In a revolutionary spin-on business use of the Information Superhighway, The Santa Cruz Operation, Inc. (SCO) and Pizza Hut, Inc. today (August 22, 1994) announced 'PizzaNet,' a pilot program that enables computer users, for the first time, to electronically order pizza delivery from their local Pizza Hut restaurant via the worldwide Internet. (...) Santa Cruz Internet users can access PizzaNet by entering http://www.pizzahut.com." (http://www.sco. com/Company/Announce/pizza_hut.html)

6 VDI-Nachrichten Nr. 35, 14.10.1994.

7 "`Wie im wilden Westen.' Computerpionier Mitchell Kapor über Chancen und Risiken der Datenautobahn", Der Spiegel 10/1994, S. 212-217.

8 VDI-Nachrichten, Nr. 29, 22.7.1994

9 n-tv, Interview vom 14.7.1994, auszugsweise Abschrift

10 VDI-Nachrichten, Nr. 34, 28.8.1994, S.1

11 Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 23.7.1991, zit. n.Bockholt et al.1993, S. 202

12 Michael Charlier, "Die Auffahrten zur Datenautobahn sind schon da", Frankfurter Rundschau, 1994.

13 VDI-Nachrichten, Nr. 38, 23.9.1994, S. 22.

14 VDI-Nachrichten, Nr. 35, 2.9.1994.

15 VDI-Nachrichten Nr. 38, 23.9.1994, S. 19

16 Chip, November 11/94, S. 296.

17 Zum Programm der im Januar 1995 in San Francisco stattfindenden Veranstaltung s. http://haas.berkeley.edu/~citm/conference.html.

18 Allerdings scheiterten in den letzten Jahren der Weimarer Republik alle Versuche, die vorliegenden Autobahn-Pläne umzusetzen, an der mangelnden politischen Unterstützung in Regierung und Parlament, an unzureichenden Finanzierungskonzepten und am Widerstand der Reichsbahn, die um ihr Transportmonopol im Güterverkehr besorgt war.

19 Daran änderte auch nichts, daß die Beschäftigungseffekte des deutschen Autobahnbaus in den 30er Jahren vergleichsweise gering waren. So waren im Jahr 1936 - auf dem Höhepunkt der Bautätigkeit - nicht mehr als 125.000 Arbeiter im Autobahnbau tätig. Angesichts einer Massenarbeitslosigkeit von über 6 Millionen Ende 1932 konnte der Autobahnbau also nur einen kleinen Anteil am "Beschäftigungswunder" der Nationalsozialisten gehabt haben, in dessen Verlauf die offizielle Arbeitslosigkeit bis zum Spätsommer 1936 auf etwas über eine Milion gesunken war (vgl. Kunze & Stommer, 1982, S. 28).

20 vgl. Reid, 1991, und Seidler, 1994.

21 Link & Reinecke (1987) bezeichnen das Auto daher als "universales Anschauungsstereotyp" unserer Kultur.

22 Zur ISDN-Werbung vgl. ausführlicher Bockholt et al. 1993, S. 200-208.

23 Zur Einordnung von ISDN in die Entwicklung des deutschen Telekommunikationwesens s. Werle, 1990, und Kubicek, 1993. Die tatsächlichen Anschlußzahlen von ISDN blieben von Beginn an weit hinter den Prognosen zurück, was die Presse spötteln ließ: "Noch tröpfelt der Verkehr auf der Kommunikations-Autobahn!" (Frankfurter Rundschau v. 30.11.1990, zit. n. Bockholt et al., 1993, S. 204).

24 In der werbestrategischen Verarbeitung des gesellschaftlichen Wertewandels hat allerdings die Autoindustrie die Nase vorn. Sie bietet nämlich ökologische Gewissensberuhigung und technologische "Spitzenleistung" ("Die automobile Spitzenklasse ist an ökologische Grenzen geraten. Nur ein Quantensprung kann sie überwinden.") plus den Umstieg vom Geschwindigkeitsrausch auf gesteigertes Komfortempfinden ("Nicht schneller fahren, sondern entspannter ankommen. Wir haben begriffen.").

25 Al Gore, "National High-Performance Computer Technology Act of 1989 Newsletter";

zit. n. Williams, 1992, S. 98.

26 Vgl. FY 1994 Blue Book und FY 1995 Blue Book sowie weitere Dokumente (u.a. Gesetzestexte und -vorlagen) unter http://www.hpcc.gov/index.html.

27 Vgl. Weyer, 1989, der "Reden über Technik" als Strategie sozialer Innovation am Beispiel der Raumfahrt in der Bundesrepublik untersucht hat.

28 EG-Kommission, 1994, S. 101; kritisch dazu Heilemann & von Loeffelholz, 1994

29 Neuerburg, 1993, S. 36; s.a. den WWW-Server der Gesellschaft für Mathematik und Datenverareitung (http://mats.gmd.de/), die im Auftrag des BMFT die Konzeption des mit 120 Millionen DM geförderten POLIKOM-Projekts entwickelt hat.

30 VDI-Nachrichten, Nr. 38, v. 23.9.1994

31 "Fernsehen über die Datenautobahn", VDI-Nachrichten, Nr. 44, v. 4.11.1994, S. 20.

32 vgl. Negroponte (1991, S. 80) zu einem entsprechenden Projekt am Massachusetts Institute of Technology: "The Media Lab, which is to my knowlege the only laboratory working on real-time holography, has achieved it for images measuring about one cubic inch. Those images are achieved with a massively parallel, multimillion-dollar computer, a roomful of electro-optic instruments, a spinning mirror and a heavy-duty laser. (...) Scaling up to a living room-size football game would require computing 45 terabites per second by brute force. Even if we substract three orders of magnitude by using 'smart' processing techniques, we are still looking at 45 gigabits per second."

33 Handelsblatt, 9.11.1994

34 Der Tagesspiegel, 9.11.1994, S.27

35 Vertiefend zum ambitionierten PROMETHEUS-Projekt: Prätorius 1993, zu den Konzepten des kooperativen Verkehrsmanagements finden sich einige Beiträge in Frank & Walter, 1993, und kritisch zu diesen Konzepten s. Krostitz & Köthner, 1993.

36 Das ist auch die Hoffnung des Verbandes der Deutschen Automobilindustrie, dessen Präsidentin kürzlich eine Laudatio auf den Einsatz "innovativer Informationstechnik als Garant für Mobilität" hielt: Erika Emmerich, "Mit Telematik in ein neues Verkehrszeitalter" (Handelsblatt v. 4.10.1994, S. 20).

 

Startseite Über uns Endbericht (Hyper-)Texte Allerlei Interaktionen Sitemap
Startseite Über uns Endbericht (Hyper-)Texte Allerlei Interaktionen Sitemap

Projektgruppe "Kulturraum Internet". c/o Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB)
Reichpietschufer 50, 10785 Berlin. Telefon: (030) 254 91 - 207; Fax: (030) 254 91 - 209;
; http://duplox.wzb.eu.