As usual with slang, the special vocabulary of hackers helps hold their culture together --- it helps hackers recognize each other's places in the community and expresses shared values and experiences. Also as usual, *not* knowing the slang (or using it inappropriately) defines one as an outsider, a mundane, or (worst of all in hackish vocabulary) possibly even a suit [19]. All human cultures use slang in this threefold way --- as a tool of communication, and of inclusion, and of exclusion. (Jargon2912 1993).Die bei vielen Insidern ueblichen, auffallendkrassen Beur-teilungen der diversen Wissensgebiete (Nur meine eigenen Programme sind prima, alles andere ist indiskutabel) werden zu Profilierungszwecken eingesetzt, d.h. das Netzgegenueber wird kurz "beschnueffelt", welche Programmiersprache, wel-chen Editor oder welches Modem es mit welcher "Kompetenz-stufe" verwendet oder in welchen Netzbereichen es sich wie gut auskennt, und so kann man sich ein "Bild" des Gegenuebers zusammenstellen. Solch ein eiliges, schwarz-weisses Schub-ladendenken kann in einer hochkomplexen Welt zur Orientie-rung benutzt werden. Es ist Teil der forcierten Identitaets-bildung dieser jungen Kulturen, die sich gegenseitig immer wieder mitteilen, wie sich Hacker ausdruecken oder wie wahre Programmierer arbeiten. Der Hang zum Dogmatismus ist viel-leicht bei juengeren oder unerfahreneren Net'ern staerker ausgepraegt als bei aelteren oder erfahreneren, und er kann auch in Beziehung gestellt werden zur "Unreife" der Technik bzw. des Technikfeldes.
Viele Menschen, die zum ersten Male die Welt der Netze erforschen und glauben, sie waeren im ultimo der Frei-heit gelandet -- immerhin darf ja dort jeder etwas sagen! -- irren. Sie verkennen die gewachsenen Struk-turen der Autoritaet und die Macht des Wissenden und blamieren sich durch freche Besserwisserei in den Augen der Goetter und ihrer Adepten. (Wagner o. J.).Zwischen dem nonkonformistisch-locker-legerem Umgangston einerseits und dem hierarchischen, explizite und implizite Regelwerke befolgenden Miteinander andererseits besteht ein deutliches Spannungsverhaeltnis. Ein Diskussionsbeitrag, der mit einer foermlichen Sehr-geehrte-Damen-und-Herren Anrede beginnt, wuerde im Netz hoechstens als Scherz akzep-tiert, insofern wird das vordergruendig Lockere zum Muss. Und in den sich egalitaer gebenden Insiderkreisen lassen sich deutliche Abstufungen zwischen einfach nur Gleichen finden und solchen Gleichen, die gleicher sind als die anderen, wie z.B. "Netzgoetter", "IRC-Sheriffs" oder "Bastard Operators from Hell" - ganz zu schweigen von den Distanzen zu sich devot und ehrerbietig annaehernden Novizen oderdem Bodensatz der hoffnungslos dummen "loser".
Nicht einfach zu beantworten ist die Frage, ob dieses Span-nungsverhaeltnis im Netz ausgepraegter oder geringer ist als in aehnlich ausgerichteten realweltlichen Gemeinschaften, also ob das Netz mit all seinen Besonderheiten diese Phaeno-mene foerdert oder verringert oder sowohl-als-auch. Das Un-uebersichtliche des grossen Netzes sowie die reduzierten Kommunikationsmoeglichkeiten tragen dazu bei, dass in Re-gelwerken, Codes und mit den oben beschriebenen Dogmatismen Orientierung, Identitaet und Abgrenzung gesucht wird. Ande- rerseits befoerdern das Unuebersichtliche und Reduzierte die zu beobachtende besondere Freundlichkeit und Hilfsbe-reitschaft, die die Attraktivitaet des Netzes zu einem Gross-teil ausmachen.
Bei den erst seit wenigen Jahren bestehenden Netzkulturen ist es naheliegend, nach erkennbaren Einfluessen zu suchen, die die "Virtual Cultures" praegen. Jeder Internet'er hat auch eine realweltliche Existenz, die sie oder er mit dem Einlog-gen nicht vollstaendig hinter sich zuruecklaesst. Abgesehen von den Gegebenheiten des Mediums, welche die Interaktionen im Vergleich zur Realwelt beschraenken, sowie dem in Insider-kreisen breit geteilten Interesse an Computertechnik, sind folgende Einflussquellen augenscheinlich.
Dieses Gespenst der Moderne, das realweltlich z. B. in Ge- stalt von "Corporate Identity" oder dem "blaue-Ameisen-Syndrom" daherkommt, kann bei manchen Identitaetsbedrohung, Angst vor Vermischung oder extremen Lokalpatriotismus be-wirken. Kulturelle Identitaet ist so wichtig wie persoen-liche Identitaet und fuer beides bietet Internet genuegend Raum. Wie die oben skizzierte kulturelle Pluralitaet im Netz zeigt, wo jeder durch sprachliche Symbole, Signaturen und das wahre Betriebssystem eine Fuelle von persoenlichen "Duft-marken" setzen kann, ist das Zentrum eben gar nicht so gleich-macherisch bzw. - um das eingangs angesprochene allfaellige Sowohl-als-auch hier noch einmal aufzugreifen - Internet ist sowohl gleichmachend als auch differenzierend.-
Aus verschiedenen Einflussquellen gespeist, hat sich im Netz etwas entwickelt, dem sich ein hoher Grad an Eigenstaendig-keit nicht absprechen laesst, deshalb macht das Modewort von den Virtual Culture(s) durchaus Sinn. Es sind keine gaenzlich "neuen" Kulturen (Hardy 1993), nicht absolut verschieden von realweltlichen, denn alle Datenreisenden haben auch eine realweltliche Existenz, die sie nur partiell ablegen. Kultu-ren im Netz sind in vielerlei Hinsicht anders als in der Real-welt, aber es waere unangemessen, diese Unterschiede, so wie sie in derbisherigen Netzentwicklung zu beobachten sind, zu einer grundsaetzlichen Andersartigkeit hochzuspielen. In diesem Hochspielen liegt sicher auch ein Reiz der Beschaefti-gung mit dem Netz, aber viel von dem zur Zeit grassierenden euphorischen Ueberschwang, der auch in der Vergangenheit noch jede neue Kommunikationstechnik in ihren Enstehungs-phasen begleitet hat, wird vielleicht irgendwann einer ge-lasseneren Einstellung Platz machen.
Das Netz ist einerseits einfach das "Global Village", in dem sich alle treffen, um mit jeweils Gleichgesinnten zu plau- dern, um die Informations-, Kooperations- und Freizeitange-bote zu nutzen. Ein Treffpunkt fuer alles moegliche, Hacker treffen sich mit Hackern, LISP-Programmierer suchen das Gespraech mit anderen LISP-Programmierern, Australier mit Australiern, Angehoerige der Rutgers University mit anderen vom selbem Campus. Das riesige Netz macht es moeglich, auch bei noch so speziellen oder seltenen Themengebieten passende Gegenueber zu finden. Ein wichtiger Teil der Gemeinschafts-bildung im Internet laeuft ueber das recht kleinkarierte "Gleich zu gleich gesellt sich gern". Angehoerige derselben Universitaet koennten sich sehr gut ohne eine Datenleitung zwischen ihnen treffen, aber fuer realweltlich voneinander entfernte Net'er mit gleichen Arbeits-und Interessens- gebieten eroeffnet erst das weltweite Netz Begegnungsmoeg- lichkeiten.
Andererseits findet sich neben dieser raeumlichen und thema-tischen Lokalitaet der Drang in die Ferne. Viele User geben auf Befragen an, dass fuer sie der Kontakt mit anderen Men-schen und Nationen ein wesentliches Motiv fuer die Netz-nutzung ist (Zornemann 1992, Forschungsgruppe Medienkultur und Lebensformen 1993). Kleinraeumige Netze, in denen man sich nur in der Nachbarschaft "um die Ecke" bewegen kann, verfuegen nicht annaehernd ueber eine solche Faszinations-kraft wie das riesengrosse Internet. Mit dem Einloggen eroef-fnet sich die Moeglichkeit, weltweit und grenzenlos mit Rech-nern und Usern zu kommunizieren. Einerseits werden die Fern- verbindungsmoeglichkeiten tatsaechlich genutzt, anderer-seits ist auch bei Nichtnutzung die blosse Moeglichkeit wichtig - aehnlichwie bei Stereoanlagen oder Autos bei-spielsweise, wo es fuer die NutzerInnen hoechst bedeutsam ist, dass sie den Lautstaerkeregler voll aufdrehen oder das Gaspedal ganz durchtreten koennten, es aber selten oder nie tun.
Mit dem Ausloggen aus dem Netz bleiben nicht alle angenomme-nen kulturellen Charakteristika im "Cyberspace" zurueck. Sprach- und Arbeitsweisen werden auch im realen Leben zum Teil beibehalten. In diesem Beitrag habe ich mich nur mit dem Netz beschaeftigt und deshalb Netz-Realwelt-Bezuege weit-gehend ausgeklammert. Dennoch moechte ich an dieser Stelle darauf hinweisen, dass die Netzwelt das "diesseitige" Leben der einzelnen beeinflusst - nicht in einem absoluten Sinne, vielmehr in vergleichender Perspektive zu anderen sekundaer angenommenen kulturellen Identitaeten wie z.B. organisa-tions- oder professionskulturelle Identitaeten. Da sich die meisten Insider intensiv mit ihrer Sache beschaeftigen, duerften die Einfluesse staerker sein als bei jemandem, der oder die von neun bis fuenf "irgendeinen" Job ausfuehrt.
Zum Schluss noch ein Hinweis zum "ethnographischen Praes-ens": Bei dem in diesem Beitrag Dargestellten handelt es sich um eine Momentaufnahme des Internet, das sich rasant entwik-kelt und veraendert. Frueher war das Zentrum im Verhaeltnis zur Peripherie groesser, es gab keine Durchreisenden, die Angebote konnten nur von Wissenden genutzt werden. Der Anteil der Spezialisten des Zentrums amGesamtnetzverkehr wird ab-nehmen und damit der Stellenwert des Spezialistenwissens. Insidertum wird unwichtiger werden. Die etwas versnobte Hal-tung mancher Insider, die beklagen, dass bald Kreti und Pleti Zutritt zum Internet haben werden, steht in augenfaelligem Widerspruch dazu, dass sie es selbst sind, die durch kreative Weiterentwicklungen und Vereinfachungen der Computerkommu-nikation Kreti und Pleti Zutritt verschaffen.
Im Zuge einer Kommerzialisierung wird das Netz uebersicht-licher und einfacher nutzbar werden. Derzeit bestehende Schwellen zwischen Realwelt und Netz sowie zwischen Peri-pherie und Zentrum werden damit abgebaut oder sich zumindest verlagern. Die Unuebersichtlichkeit des zur Zeit noch be-stehenden wilden Dschungels wird einem geordneten Nutzwald mit Parklandschaften weichen. Parkaufsichten wachen dann ueber die Einhaltung der Besucherordnung, und die Besucher werden Eintrittspreise zahlen. In diesem sich heute in An-faengen zeigenden Domestikationsprozess werden sich die stolzen Wissenden und die verwegenen Wilden in Nischen zu-rueckziehen oder in der Normalitaet verschwinden. Schade eigentlich.