Sabine Helmers, mit Hanneke Vermeulen & Rolf Wuerdemann (s@duplox.wzb.eu, hanneke@xs4all.nl, rowue@digitalis.org)
Der dreizehnte Chaos Communication Congress stand diesmal unter dem Motto: "Der futurologische Congress - Leben nach der Internetdepression". Zwar war von über das kommende Jahrhundert hinausweisender Furologie kaum etwas zu vernehmen - ebensowenig von dunkel-netzdepressiver Verstimmung - die aktuellen "Themen der Zeit" wurden aber allemal behandelt und ganz unschwermütig, lebhaft diskutiert. Das unter dem Congressmotto vereinte, breitgefächerte Themenspektrum der Vorträge, Panelveranstaltungen und Workshops umfaßte Gutgemeintes wie die Online Magna Charta und alternative Trust-Center, aber auch Böses wie die zunehmend lästiger werdende Zensur und das stets suspekt bleibende geheimdienstliche Horchen. Es gab einen Jahresrückblick 1996 aus CCC Perspektive und andere Clubthemen, nette Berichte über Hacks und natürlich auch jede Menge Technisches für Hardcore-Freaks. Die Dokumentation zur Veranstaltung ist im Web publiziert.From: s@duplox.wzb.eu
Was aus der recht umfangreichen Dokumentation zum Chaos Communication Congress nicht herauslesbar ist, das ist der eigentümliche Charakter dieses jährlich wiederkehrenden Treffens und der hohe Stellenwert für die meisten der ebenso jährlich wiederkehrenden Teilnehmer.
From: hanneke@xs4all.nl
(Mein Deutsch ist aber nicht so gut, dass sollte jemand korrigieren mussen. Wenn das kein Problem ist, dann gibt's 'runter eine Tekst).
Auf den 2ten Weihnachtstag 1996 steig ich mit 4 Freunden auf Amsterdam Hbf ein in der Zug nach Deutschland. Fuer das fuentfte Mal gehe ich zum Chaos Computer Congres in Hamburg. Seit das erste Mal das ich dabei war reserviere ich jedes Jahr den 27, 28 und 29. Dezember fuer das Hackerfamilientreffen. Wann wir nach 5 Stunden Zug da sind ist das Eidelstaedterbuergerhaus schon voll Aktivitaet. Die laezte Hand wird am Netzwerk angelegt, die erste Hackers sind schon mit dem Kopf auf ihrer Tastatur eingepennt. Ich begruesse alte Freunden, von wen ich einige zum laetzen Mal am CCC'95 gesehen habe.
Die Podiumdiskussionen sind wie immer sehr lang, Deutsch, und fuer mich meistens unverstaendlich. Die Workshops gefallen mir besser. Von TCP/IP fuer Anfaenger bekomme ich alles mit, ISDN in Detail ist mir zu kompliziert aber ISDN fuer Anfaenger ist etwa zu frueh. Nach einer Nacht in einer Schlafsack zwischen 10 schnargenden Hacker fuehlt man sich nicht besonders ausgeschlafen. Lockpicking ist sehr lustig und ich kaufe ein Lockpickset um in Amsterdam zu ueben. Zwischendurch haenge ich rum ins Hackzenter, plaudre mit alten und neuen Freunden, helfe in der Kueche und schlepp ein klein bischen mit Kaffe und Broetchen rum. Es ist wie immer am CCC-Kongres: Ich bin zu Hause.
Ohne Ordnung kann nichts existieren - ohne Chaos kann nichts entstehen. Chaos Computer Club |
From: s@duplox.wzb.eu
Veranstaltet und organisiert wird das Ganze vom Chaos Computer Club und Umfeld. Ein nicht unwesentlicher Teil der Orga wird über Mailaustausch besprochen und verhandelt.
From: rowue@digitalis.org(Re: buergerhaus)< >< wer coordiniert das abholen der congressreste??>Der der fragt...
Die drei Congresstage an der Eingangskasse zu verbringen, bietet eine gute Möglichkeit, mal neuere Leute auf dem Congress etwas naeher kennenzulernen, als dies sonst der Fall ist. Ich bin seit mehr als zehn Jahren beim CCC, dies war mein 10. Congress. Auf Grund dieses Umstandes, daraus folgend entsprechendes Vertrautsein mit den Themengebieten, sind es fuer mich eher die persoenlichen Kontakte und Gespraeche, die fuer mich auf dem Congress zaehlen. Sei dies der einfache, (zwischen-) menschliche Kontakt, oder das tiefergehende Gespraech.
Der CCC besteht aus Menschen, welche sich, jedenfalls meinem Wunschbild zufolge, zusammengefunden haben, um zum einen jede Menge Spaß zu haben, und die zum anderen diese Welt etwas ins Positive verändern wollen. Für mich dient der CCC dazu, das Bewußtsein um die Problematik des Datenschutzes und der Datenfreiheit zu wecken und zu schaerfen. In meinen Augen ist es Aufgabe des CCC aufzuzeigen, wie einfach und schnell Datensammlungen gemacht werden können, wo die Daten"sicherheit" ihre Grenzen hat und daß nicht das Medium Computer böse ist, sondern die Menschen, die dahinter stehen, böse sind oder gut.
Der Chaos Computer Club ist eine chaotische Mischung von Leuten, und abgesehen vom einenden Computerzentralthema, kommt der Club ohne "Linientreue" aus.
From: s@duplox.wzb.eu
Er spricht mit unterschiedlichen Stimmen, einige Stimmen dringen nun sogar bis nach Bonn vor, und es gibt neben aller Eintracht oder mehrheitlicher Zustimmung auch immer mal wieder Unstimmigkeiten: Der CCC lebt.
Lebt er denn ewig-jung? Oder kommt er vielleicht schon ein bisschen in die Jahre? Ist nicht zum Beispiel des generelle Photographierverbot (außer im Bereich der ersten vier Reihen des großen Vortragsraums) eine inzwischen überkommene Gewohnheit, ein Überbleibsel von Hackerkonspiration aus alten Tagen, wo ein Modem an sich schon schwer illegal war?
From: rowue@digitalis.org
Nein, ich empfinde es immer noch als sehr gut, da in den Workshops/Gespraechen auf dem Flur/im Kaffee schon mal heiklere Themen besprochen werden. Und wenn mensch sich dann den Redner erstmal merkt und spaeter ablichtet, so ist dies schon der erste Punkt auf dem Weg zu Identitaetserkundung. Der CCC hatte immer schon (u.a.) das Motto "private Daten schuetzen, oeffentliche Daten nuetzen". In dem Rahmen unseres Hausrechts beim Congress werden wir uns hierfuer auch einsetzen...
From: s@duplox.wzb.eu
Läßt sich nicht auch das immer wieder beim Congress behandelte Thema Datenschutz als "Alterserscheinung" interpretieren? Datenschutz vorrangig vor Datenfreiheit? Und so wie ich als alternde Dame beginne, Sicherheits- schlösser in die Türen zu setzen und mich am Handtäschchen festkralle, so scheint beim alternden CCC Congress der Datenschutz in den Vordergrund zu treten. Schutz, Schutz, Schutz und 1.000 Tips, wie man sich Firewalls um den Rechner legt, sich Abhörsicher macht, Vertrauen durch Certification schafft, anonym bleiben kann bzw. sogar defaultmässig anonym bleiben sollte... und so weiter. Nochmals bösartig formuliert: der CCC wird älter und mit ihm die Congressthemen. Oder steigt die Gefahr, ein "Gläserner Bürger" zu werden, tatsaechlich aktuell so an, wie man dies als Eindruck vom Congress mitnehmen könnte?
From: rowue@digitalis.org
Sowohl als auch... Diese Dinge sind nicht neu, und vieles wurde auf den vergangenen Congressen schon thematisiert. Auf der anderen Seite ist es so, dasz diese Technik heute wesentlich selbstverstaendlicher genutzt wird, ohne sich Gedanken ueber die Daten zu machen... Desweiteren hat sich auch dieses Thema gerade in den letzten Jahren sehr stark veraendert. Waehrend es in der Zeit des kalten Krieges eher noch die Regierungen waren, welche die Daten haben wollten, so sind heute gerade die (multinationalen) Konzerne an Daten interessiert... Oder wie wuerdest Du Dich als Firma freuen, wenn Du eine Kaufprofil-orientierte Datenbank mit Adressen für Deine Werbung bekommst? Mit so einem Kundenprofil-spezifischen Datensatz kannst Du dann etwas mehr Geld machen, als mit den ueblichen zehn Seiten aus dem Telefonbuch (oder dem Angebot von Beate Uhse ;)
From: s@duplox.wzb.eu
Datenschutz und Datenfreiheit sind zwei Seiten einer Medaille, und auf der Seite der Datenfreiheit tut sich derzeit ja ebenfalls so einiges: die neuen Multimedia- und Telekommunikationsgesetze, Providerzusammenschlüsse zur "freiwilligen" Selbstzensur des Netztraffics ihrer Kunden, Anklageerhebung gegen Angela Marquardt wegen Link zur Radikal Zeitschrift... Die Zeiten werden härter, es wird abgeschottet, alles fest im Griff. Ach, ja? Wenn, wie jetzt vor Weihnachten, wieder einmal über die dümmsten anzunehmenden Systemverwaltungen geklatscht wird, dann stimmt es in dieser kalten Winterzeit doch fast hoffnungsfroh, wenn man in den Internetrechner einer ausländischen Telekom mit "Login Guest" und "Passwort Guest" einfach mal hereinspaziert durch eine weit geöffnete Tür.