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Offene Datennetze als gesellschaftlicher Raum
Das Modell Internet
  Europartner Information Sonderheft April 1995

Sabine Helmers, Ute Hoffmann, Jeanette Hofmann

  Sprungbrett
1  Der Auf- und Ausbau von Kommunikationsinfrastrukturen
2  Interaktionsraum Internet
3  Internet als Kommunikationsraum: Die Netnews
4  Ausblick
  Literatur
  Fußnoten

 

  Europartner Information Sonderheft April 1995. Europa auf der Überholspur? Europäische Union und Globale Informationsgesellschaft. Dokumentation eines Internationalen Seminars für Journalisten und Medienfachleute vom 1.-4. März 1995 in Berlin. (Hg. EU-Kommission, Vertretung der BRD - Vertretung in Berlin). Das Heft ist als elektronische Publikation (Windows only) bei der Berliner Vertretung der EU, Kurfürstendamm 102, Tel. (030) 8960390, erhältlich.
1 Der Auf- und Ausbau von Kommunikationsinfrastrukturen
  In allen Industrieländern ist derzeit eine deutliche Expansion elektronischer Datennetze zu beobachten. Diese Expansion findet auf mehreren Ebenen statt. Im Wachstum befinden sich die Anzahl und die Typen von digitalen Netzen, die Individuen und Organisationen, die Zugang zu diesen haben und darüber hinaus auch die Arten von Diensten, die über Netze angeboten und abgerufen werden. Es wird allgemein davon ausgegangen, daß elektronische Datennetze den beruflichen und privaten Alltag von immer mehr Menschen erreichen und durchdringen werden. Jüngste Initiativen auf regionaler, nationaler und supranationaler Ebene zeigen, daß diese Entwicklung politisch gewollt ist und nachhaltig gefördert wird. Nach der US-amerikanischen Initiative für eine Nationale Informationsinfrastruktur haben inzwischen auch Japan, die Europäische Kommission und einzelne Mitgliedsländer der Europäischen Union entsprechende Initiativen gestartet.[1]

Vor dem industriepolitischen Hintergrund dieser Initiativen haben in der öffentlichen Diskussion über Datennetze gegenwärtig zwei Problembereiche Vorrang: Ein erstes Problemfeld betrifft die Strukturen und regulativen Rahmenbedingungen der künftigen Telekommunikationsmärkte. Auf diesen Märkten für Telekommunikationsnetze und -dienste wird künftig eine Vielzahl verschiedener Anbieter präsent sein. Mit der bevorstehenden Aufhebung der Telekom-Monopole ist auch in Europa das Ende der bislang starken organisatorischen Integration der Telekommunikationsinfrastruktur gekommen. Ein großer Stellenwert kommt zweitens der Frage nach zukunftsträchtigen Nutzungsformen der künftigen Netze zu. Unklar ist einerseits, welche Dienste über das sich an verschiedenen Orten in Erprobung befindliche interaktive Fernsehen und Teleshopping hinaus auf größeres Interesse in der Bevölkerung stoßen könnten. Von einer breiteren Nutzung bzw. Nachfrage hängt es aber ab, ob sich tatsächlich elektronische Marktplätze für Arbeit, Bildung und Freizeit mit einem vielfältigen Angebot kommerzieller und nicht-kommerzieller Art entfalten werden. Ebenso unbestimmt wie die Gestalt möglicher Massenmärkte bleibt bislang der Umfang, in dem sich die Wirtschaft künftig offener Datennetze bedienen wird, etwa im Bereich von Telekonferenzen, und - damit zusammenhängend - das Ausmaß, in dem weiterhin geschlossene, proprietäre Netze genutzt und ausgebaut werden.

Ein dritter, bislang unterbelichteter Problembereich betrifft grundlegende Fragen der Gestaltung des Datenverkehrs in öffentlichen Netzen. Wie lassen sich in dieser Umwelt Datenschutz, Datensicherheit und Urheberschutz gewährleisten? Dabei geht es um Tarifierungsstrukturen und verbindliche elektronische Zahlungsmittel, deren Verfügbarkeit und Akzeptanz erst einer breiten kommerziellen Nutzung der Netze den Weg ebnet: Wer soll über die Authentizität und Bonität der Zahlenden wachen, wer über die korrekte Versteuerung von Einnahmen? Handelt es sich hierbei um eine nationale oder eine internationale Angelegenheit und welche Rechtssysteme kommen gegebenenfalls zur Anwendung?

Eine zentrale Schwäche der derzeitigen Diskussion berührt das Verständnis des Neuen der kommunikationstechnischen Infastruktur, die in der Regel als bloßes Wegenetz zum Transport von Daten gilt. Assoziativ gestützt wird diese Vorstellung durch die gegenwärtig populäre Metapher der Datenautobahn. Das Autobahn-Bild stellt die hohe Geschwindigkeit der Datenübertragung in den Vordergrund und verstärkt auf diese Weise den Eindruck, der Hauptnutzen dieser Technik bestünde darin, mehr Texte, Bilder und Töne schneller und kostengünstiger über leistungsfähigere Netze zu übermitteln. So wie Autobahnen allein zur Raum-überwindung dienen, erscheinen Datennetze im Analogieschluß als reine Übertragungsleitungen (Canzler, Helmers & Hoffmann, 1995).

Das neue Element der derzeitigen elektronischen Vernetzung liegt jedoch weniger in der Netztechnik als vielmehr in einer wachsenden Zahl von Nutzern, einer zunehmenden Vielfalt von Diensten, der Ausdehnung der räumlichen Reichweite der Netze und damit einer neuen Art des "Angeschlossenseins." Offene und interaktive elektronische Netze bilden - aus der Sicht ihrer Nutzer - selbst einen Raum, gewissermaßen ein neues Zimmer der Realität. Eine visuelle Metapher für diesen Raum ist die überbaute Brücke, die gleichzeitig und in einem verkehrstechnisches Artefakt, Wohnstatt und Geschäftsort war, wie beispielsweise der heute noch existierende, mehr als 600 Jahre alte Ponte Vecchio in Florenz.

2 Interaktionsraum Internet
  Im Internet, das derzeit weltweit 30-40 Millionen Nutzer verbindet, hat eine solche Netzwelt erkennbare Konturen erhalten. Ohne vorgängigen Konstruktionsplan ist aus rückgekoppelten Interaktionen zwischen Entwicklern und Nutzern eine weitgehend dezentrale und bewegliche Struktur entstanden - mit netzspezifischen Formen der Begegnung und des Austausches, in denen sich die Kooperation unterschiedlicher Akteure entfalten kann.
  • Das Internet hat sich als das globale Datennetz und internationale Leitnetz etabliert.[2]
  • Während der Datenverkehr in den Computernetzen aus der - externen - Perspektive von Staat und Wirtschaft als regelungs- bzw. regulierungsbedürftig angesehen wird, hat sich im Internet selbst ein komplexes und fein verästeltes Ordnungsgefüge entwickelt.
  • Das Internet war und bildet weiterhin ein "Labor" der informationstechnischen Vernetzung. In einer militärischen Umgebung war es ursprünglich Experimentierfeld für bestimmte Übertragungstechniken, als Forschungsnetz in einer nicht-kommerziellen Umgebung war es Versuchsfeld für Interaktivität, nun scheint es zum weltweiten Experiment für die kommerzielle Nutzung offener Datennetze zu werden.
  • Die Internetgemeinde selbst betrachtet sich als "First Nation in Cyberspace" (Elmer-Dewitt, 1993).
Im Internet sind weltweit über hunderttausend lokale, regionale und nationale Computernetze miteinander verbunden, an die wiederum Millionen von Terminals und PCs angeschlossen sind (s. Schaubild 1). Schnittstellen, sogenannte "Gateways", verknüpfen das Internet mit anderen Netzen. Technisch gesehen definiert sich das Internet als ein einziges logisches Netzwerk durch die Verwendung eines bestimmten Adressierungsschemas und Übertragungsprotokolls, genannt TCP/IP (Transmission Control Protocol/Internet Protocol). Anfang der siebziger Jahre entwickelt, stößt das Internet-Protocol heute allerdings durch den seinerzeit nicht absehbaren rapiden Anstieg der Nutzung mehr und mehr an Grenzen. Internet wurde hierzulande erst relativ spät wahrgenommen und gilt fälschlicherweise noch häufig als reines Forschungsnetz. Das mag damit zusammenhängen, daß die Nutzung des Netzes außerhalb von Universitäten und anderen Forschungseinrichtungen in Deutschland noch vergleichsweise gering ausgeprägt ist .Der DFN Verein (Verein zur Förderung des deutschen Forschungsnetzes e. V.), der als Nutzerinteressenverband die Vernetzung wissenschaftlicher Einrich-tungen organisiert, ist heute immer noch Deutschlands größter Internetanbieter.

Schaubild 1:
Entwicklung der im Internet miteinander verbundenen Rechner ("Hosts")

Quelle: ftp <Nic.merit.edu/nsfnet/statistics>

Die kleineren, kommerziellen Internetprovider stehen erst am Anfang, den privaten Internetmarkt in Deutschland zu erschließen, obwohl gerade für Firmenkunden das Internet interessante und lukrative Arbeits- und Absatzfelder eröffnen kann (siehe beispielsweise The Economist, 10.9.1994, 73-4: "Is there Gold in the Internet?" oder VDI-Nachrichten 43, 28.10.1994 "Unternehmen entdecken den Charme des Internet"; Finnie, 1994; MacKie-Mason & Varian, 1994; Schmidt, 1994).

In den USA, dem Land seiner Entstehung und bis heute stärksten Verbreitung, nutzen und betreiben nicht nur wissenschaftliche Institutionen das Internet, sondern auch militärische Einrichtungen, Unternehmen, Behörden, Schulen und Privatleute (s. Schaubild 2).

Schaubild 2:
Anteile der 10 größten Domain-Kennungen an den Internet-Hosts

Stand: Januar '95, Quelle: <nic.merit.edu/nsfnet/statistics>

comKommerzielle Organisationen (USA)auAustralien
eduEinrichtungen des Bildungssektors (USA)ukGroßbritannien
govRegierungsstellen (USA)deDeutschland
milDepartment of Defense (USA)caKanada
orgAndere Organisationen

netAdministrative Organisationen für Netzwerke

US-Militärstellen waren es, die mit Entwicklungsaufträgen für Datenfernübertragungsverfahren die Entstehung des Internet eingeleitet haben. Die Frühphase des Internet (als es noch ARPANET hieß und das Netz der Department of Defense Advanced Research Projects Agency war), liegt in den frühen siebziger Jahren (Hellige, 1992). Im Jahr 1972 wurden in einer ersten öffentlichen Vorführung in Washington vierzig vernetzte Rechner präsentiert, was aus historischer Sicht als Geburtsstunde des Internet gelten mag (Hardy, 1993, S. 3). Erst Anfang bis Mitte der achtziger Jahre ist die Netztechnik so weit ausgereift, daß sich das Netz ausbreiten kann - zunächst vor allem in den USA. Seit der zweiten Hälfte der achtziger Jahre beginnt die Internationalisierung des Netzes. In Europa waren 1988 Frankreich und die nordischen Länder die ersten mit fest eingerichtetem Anschluß an das US-amerikanische Forschungsnetz. Das deutsche Wissenschaftssnetz ist 1989 ans Internet gegangen. Neben der geographischen Ausbreitung kommt es in dieser Phase zu einer starken Zunahme der Nutzerzahlen. 1981 waren etwa 200 Hostrechner an das Internet angeschlossen, 1985 knapp 2.000, und Anfang der 90er Jahren wurde die Millionengrenze überschritten.

Die Reifephase ist wie auch die Frühphase vom Charakter des Internet als Forschungsnetz gekennzeichnet. Die Entwickler wie die Nutzer waren zum großen Teil Angehörige technischer oder naturwissenschaftlicher Disziplinen und Berufe, mit computer- und netztechnisch versierten Spezialisten als Zentrum. Zu Beginn der 90er Jahre ist das Internet in einer nicht-kommerziellen Umgebung zum "Netz der Netze" geworden, das sich vor allem durch die folgenden Besonderheiten auszeichnet:

  • Augenfällig ist die Wachstums- und Innovationsdynamik des Internet. Fortlaufend entstehen an vielen Orten neue, sich in großer, netztypischer Geschwindigkeit ausbreitende Dienste.
  • Auch sind erhebliche Ausstrahlungseffekte zu verzeichnen. In der gut zwanzigjährigen Existenz des Internet ist eine Fülle von technischen Normen, Programmen, Diensten und Kommunikationsstilen herangereift, die eine Art informellen Standard bilden, in anderen Netzen nachgeahmt wurden oder dort auch zum Ausgangspunkt für weitere Entwicklungen geworden sind.
  • Das Netz zeichnet sich schließlich durch eine ausgeprägte Fähigkeit zur dezentralen und weitgehend informellen Selbstregulierung und das Fehlen zentraler Steuerung aus.
3 Internet als Kommunikationsraum: Die Netnews
  Die offene Architektur des Internet hat sich in einer Vielzahl von Netzwerkdiensten niedergeschlagen, die auf dem TCT/IP-Übertragungsprotokoll aufbauen. Unter den Diensten, die der Kommunikation mit anderen Benutzern dienen, besitzen vor allem elektronische Post (E-mail) und elektronische Diskussionsgruppen (Netnews) eine größere Verbreitung.[3] Elektronische Diskussionsgruppen, auch "elektronische Konferenzsysteme" oder "verteilte Diskussionssysteme" genannt, sind kein Spezifikum des Internet. Sie finden sich in unterschiedlichen Ausprägungen in vielen lokalen Firmennetzen und haben ihren Platz in privaten Mailboxnetzen ebenso gefunden wie im Angebot kommerzieller Online-Dienste. Gegenüber den Foren von Online-Diensten oder den "Brettern" von Mailboxnetzen besitzen die Netnews jedoch zwei herausragende Merkmale:
  • mit gegenwärtig rund 4.500 weltweit verteilten Newsgruppen und einer Nutzergemeinde von über zehn Millionen übertreffen sie im Hinblick auf Volumen und die Vielfalt der angebotenen Informationen alle vergleichbaren Dienste,
  • die Netnews zeichnen sich durch eine ausgeprägte Selbstorganisation (self-governance) aus. Die Kommunikation unter den Nutzern folgt rein informellen Interaktionsregeln (die sog. Netiquette); die Organisations- und Partizipationsstruktur wird oft als "cooperative anarchy" bezeichnet (Hardy, 1993).
Die Netnews machen für viele Nutzer einen erheblichen Teil der Attraktivität des Internet aus. Der "freie Zugang" zu den Netnews ist zum obligatorischen Bestandteil der Werbestrategie kommerzieller Online-Dienste geworden. Eine noch unentschiedene Frage ist, ob das Internet eine "informationsökologische Nische" (Schmid & Kubicek, 1994, S. 188) darstellt oder ob internet-typische Kommunikationsdienste - technisch wie organisatorisch - auch als Massendienste tauglich sind.

Die Netnews bestehen aus einer Sammlung verschiedener Themengruppen, sogenannten Newsgruppen, die Beiträge - "Artikel" - zu bestimmten Sachgebieten zusammenfassen. Die Netnews lassen sich als "interaktives Massenmedium" (Kneer, 1994) bezeichnen. Im Gegensatz zur persönlichen E-mail oder den Mailings Lists mit einer gegebenen Zahl von Abonnenten bieten Newsgruppen die Möglichkeit, Mitteilungen weltweit an eine unbestimmte Zahl sehr vieler Menschen zu versenden, bzw. Nachrichten einer großen Zahl von Mitnutzern zu empfangen.

Versuche, das Neue und Besondere dieser textbasierten, multilateralen und asynchronen Kommunikationsform einzufangen, bemühen häufig traditionelle Medien als Analogie. Wetzstein et al. (1994, S. 52) etwa vergleichen das Geschehen in Newsgruppen mit einem "Zeitschriftenkiosk". Andere benutzen das Bild einer Zeitung, die nur aus Leserbriefen besteht (vgl. beispielsweise Heinau, 1993). Beliebt ist auch die Charakterisierung als "elektronische schwarze Bretter" (Kneer, 1994). Vertreter der alten Medien scheinen um besonders schillernde Vergleiche bemüht. So erscheinen die Newsgruppen des Internet als "riesige Cocktailparty, auf der unzählige Grüppchen in Diskussionen über spezielle Themen verwickelt sind" (Daniel Roseman, Süddeutsche Zeitung, 23.2.1995, S. XIII) oder als "Institutionshybrid aus internationalem Schwarzem Brett, elektronischer Postwurfsendung und wahrhaftiger Talkshow" (Frankfurter Allgemeine Zeitung, 13. März 1995, S. 35).

Die Netnews werden gegenwärtig weltweit von über 260.000 News-Servern in Universitäten, Behörden, Firmen und Privathaushalten verteilt - gegenüber 1300 solcher Stellen im Jahr 1985. Die Zahl der täglich verschickten ("geposteten") Artikel wird aktuell auf 84.000 beziffert, die Zahl der Nutzer auf über 10 Millionen (siehe Schaubild 3).[4]

Schaubild 3:
Entwicklung der Netnews: Zahl der Newsserver, Artikel- und Datenaufkommen/Tag

JahrNewsserverArtikel/TagMbytes/Tag
197932
198115020
1983600120
198513003751
198765009102
1989./.14003
1993120.00026.00065
1995260.00084.000242
Quelle: 1979-1985: Hauben & Hauben, 1994, Kap. 1; 1987: Durlak et al., 1987; 1989: Hahn & Stout, 1994, S. 166; 1993: Heinau, 1993; Hauben & Hauben, 1994, Kap. 4; 1995: news.lists:2156 v. 1. Feb. 1995 (Usenet Readership Summary Report For Jan 95)

Die einzelnen Artikel gehören jeweils bestimmten Kategorien ("Hierarchien") an (siehe Schaubild 4). Weltweite Verbreitung finden nur die Newsgruppen der englischsprachigen "Mainstream"-Kategorien und, in eingeschränktem Umfang, auch Newsgruppen der "Alternativ"-Kategorien[5]. Eine Fülle weiterer Newsgruppen mit einer regional begrenzten Verbreitung - wie beispielsweise die deutschsprachige de.-Kategorie oder die Bretter von Mailboxnetzen, die über Gateways zum Internet verfügen - kommen hinzu.[6] In den letzten beiden Dezemberwochen des Jahres 1994 wurden insgesamt über 11.000 verschiedene Kategorien von Newsgruppen erfaßt.[7] Anfang März 1995 umfaßten die Mainstream-Hierarchien ca. 1500 Newsgruppen, die Alternativ-Hierarchien ca. 3000 Gruppen.[8]

Schaubild 4:
Ausgewählte Newsgruppen verschiedener Hierarchien

"Mainstream"-
Hierarchien


comp.
comp.ai.neural.nets
comp.binaries.newton
comp.lang.ada
comp.mac.sys.programmer
comp.os.netware.connectivity
comp.unix.bsd.freebsd.announce

misc.
misc.entrepreneurs.moderated
misc.fitness
misc.invest.real-estate
misc.news.bosnia

news.
newsadmin.policy
news.admin.technical
nwes.future
news.software.nntp

rec.
recanimals.wildlife
rec.arts.theatre.stagecraft
rec.aviation.piloting
rec.music.reggae

sci.
sci.bio.entomology.lepidoptera
sci.chaos
sci.med.aids
sci.space.shuttle

soc.
soc.culture.celtic
soc.genealogy.methods
soc.religion.islam

talk.
talk.politics.drugs
talk.rape
"Alternativ"-
Hierarchien


alt.
alt.culture.haway
alt.left-handed
alt.politics.datahighway
alt.sex.fetish.feet

bionet.
bionet.biology.tropical
bionet.molbio.proteins.7tms_r

bit.
bit. listserv.blindnws

gnu.
gnu.chess
gnu.emacs.bug

ieee.
ieee.general

info.
info.firearms
info.grass.user

k12.
k12.lang.esp-eng

vmsnet.
vsmnet.infosystems.gopher
vmsnet.pdp-11
Newsgruppen-Kategorien mit lokaler/regionaler Verbreitung

aus.
aus.bushwalking

de.
de.rec.motorrad

uk.
uk.gov.local
uk.rec.cycling

eunet.
eunet.esprit

bln.
blin.announce.tub.math
bln.freizeit.essen

muc.
muc.market
Mailboxnetze

cl.
cl.behindert.allgemein
cl.chemie.stoffe
cl.europa.recht

fidoger.
figoger.amnesty

fj.
fj.editor.emacs
fj.kanji

maus.
maus.kites
maus.sci.medizin

zer.
zer.t-netz.eisenbahn
zer.t-netz.ig-metall.aktuelles

Der kontinuierliche Anstieg des Artikelaufkommens innerhalb der Netnews seit Beginn der 80er Jahre wird begleitet von einer räumlichen Ausdehnung und Internationalisierung. Die Netnews wandelten sich vom lokalen Kommunikationsmedium zwischen Universitäten über ein nationales Verbindungsnetz zwischen Forschungseinrichtungen und UNIX-orientierten Herstellern zu einem kontinentalen (= nordamerikanischen) Kommunikationsdienst mit zunehmend außeruniversitärer Nutzerschaft und schließlich zu einem weltumspannenden Massenmedium. Wesentliche Prinzipien, nach denen die Kommunikation funktioniert, sind jedoch seit den Anfängen gleich geblieben.

Jeder Nutzer der Netnews kann eigene Mitteilungen oder Kommentare zu den Artikeln anderer in jeder Gruppe schicken. Daraus entwickeln sich je nach Resonanz kürzere oder längere Debatten zwischen mehreren Personen. Eine gezielte Frage kann ohne ohne Antwort verhallen, eine Mitteilung kann eine unbestimmte Zahl von Reaktionen wecken. Dabei kann es passieren, daß sich Diskussionsstränge - "Threads" - mit hunderten von aufeinander bezogenen Beiträgen entwickeln. Artikel können auch an mehrere Newsgruppen gleichzeitig verschickt werden. Hat ein Nutzer eine Mitteilung in sein Newsprogramm eingespeist ("gepostet"), wird sie an einen "Newsserver" weitergeleitet. Dieser Server reicht die erhaltenen Artikel automatisch an benachbarte Rechner weiter. Dort wiederholt sich die Prozedur usw. usf. Aufgrund dieses Schneeballsystems werden einzelne Artikel sehr schnell zu allen teilnehmenden Rechnern transportiert. Kommentare zu einem Artikel werden auf die gleiche schnelle Weise (zurück-) trans-portiert. Die Artikel werden den Nutzern allerdings nicht zugesandt, sondern bleiben auf den Newsservern gespeichert. Interessieren sich die Nutzer für ein bestimmtes Sachgebiet, müssen sie aktiv werden und sich die Artikel der betreffenden Newsgruppe mit Hilfe ihres Newsprogramms holen.

Die Administratoren der Newsserver entscheiden weitgehend autonom darüber, welche der vielen verfügbaren Newsgruppen auf "ihrem" Server gespeichert und nach welchem Zeitraum eintreffende Artikel wieder gelöscht werden.[9] Einige Newsgruppen verfügen über Moderatoren, die die eingesandten Artikel bündeln und ggf. aussortieren. Die Moderatoren und die Administratoren der Newsserver sind die einzigen "Gatekeeper" innerhalb der Netnews. An welchen der vom Newsserver bezogenen Newsgruppen die Nutzer als Leser oder Beitragende partizipieren wollen, liegt bei ihnen selbst. Den Nutzern obliegt es auch initiativ zu werden, wenn sie eine neue Newsgruppe eingerichtet wissen möchten. Die diesbezüglichen Verfahren differieren je nach Newsgruppen-Kategorie. Jede Newsgruppe kann sich wiederum eine eigene "Charter" geben - oder auch keine. Übergreifende Organisationen oder Gremien existieren nicht. Fragen der Administration der Netnews werden zu einem großen Teil innerhalb einer eigenen Newsgruppen-Kategorie - der news-Kategorie - verhandelt. Auch diese Newsgruppen sind allgemein zugänglich, in der Regel - und im Gegensatz zur Mehrheit der anderen Newsgruppen-Kategorien - allerdings moderiert.

Der Netnews-Mechanismus beruht auf einer Client-Server-Architektur.[10] Die Software für die Newsserver ist im Public Domain-Bereich des Internet ebenso frei verfügbar wie die Client-Software für die "Newsreader", mit denen die Nutzer an den Newsgruppen partizipieren, Artikel anderer einlesen lassen oder selbst Beiträge "posten" können. Es gibt allerdings nicht die Software, sondern eine wachsende Fülle von verschiedenen Newsreader-Programmen für verschiedene Rechnerplattformen: Unix-, Amiga-, MS DOS- oder Macintosh-Rechner. Unter den Newsservern sind bis heute Unixsysteme vorherrschend.

Als mediales Artefakt bilden die Netnews im Kern ein ausgeklügeltes Transportsystem. Organisierendes Prinzip ist die Realisierung eines möglichst reibungslosen Kommunikationsflusses. Es geht darum, den Prozeß der Kommunikation aufrechtzuerhalten, Kommunikation in Gang zu bringen und wenn nötig in Gang zu halten. Dieses Prinzip hat sich im Bereich der Software sowohl in den News-Transportmechanismus ("flooding algorithm") als auch in die Newsreader-Programme eingeschrieben. Für die Nutzer ist die Trennung von Leser und Autor, von Produzent und Konsument - der Möglichkeit nach - aufgehoben.[11] Es gibt weder technische noch organisationale Verfahren, eine Nachrichtenquelle prinzipiell vom Kommunikationsfluß auszuschließen.

Die technisch-organisationale Auslegung der Netnews produziert ein spezifisches Akzidens: die Überschwemmung.[12] Ein plötzliches oder anhaltendes Wachstum im Newsaufkommen kann bei gegebenen Übertragungs- und Speicherkapazitäten den Transportmechanismus beeinträchtigen und Anpassungsreaktionen erzwingen. Eine Überlastung äußert sich zum einen in der generellen Verlangsamung des Newstransports und in zeitlichen Anomalien (Kommentare zu einem Artikel treffen eher ein als der ursprüngliche Artikel). Um den Kommunikationsfluß wieder zu verstetigen, können die Administratoren der Newsserver entweder die Zahl der vorrätig gehaltenen Newsgruppen reduzieren oder die Dauer der Aufbewahrung verkürzen. Überschwemmung der Netnews heißt auch vermehrtes "Rauschen": Das perzipierte Verhältnis von nützlichen und nutzlosen Informationen verschlechtert sich, eine sinnvolle Selektion in der Fülle des Angebots wird erschwert oder scheint nicht mehr möglich.

Das Newsaufkommen könnte eine Größenordnung annehmen, bei der ein Kollaps des News-Transportmechanismus nicht auszuschließen ist. Es kann eine Krise eintreten, die ein anschauliches Beispiel für das "erfolgreiche Scheitern" (Weyer, 1993) eines technischen Projekts abgäbe: Der Kommunikationsapparat Netnews ertrinkt buchstäblich in einer Flut von Mitteilungen.

Die gegenwärtige Verbreitung der Netnews mit dem Wachstum des Internet und die damit verbundene Öffnung für neue Gruppen wird in den Newsgruppen, über die Teile der Administration der News abgewickelt werden, bereits als eine solche bestandsgefährdende Krise wahrgenommen und über eine Fülle möglicher Lösungswege verhandelt: Der Durchfluß ließe sich durch breitbandigere Übertragungsmedien (Satelliten) ebenso erhöhen wie die Speicherkapazität der Newsserver. Zur Reduzierung des Rauschens ließe sich die thematische Strukturierung der Newsgruppen optimieren, die Nutzer könnten sich verstärkt durch aktive oder passive Filter bei der Selektion des Nachrichtenstroms unterstützen lassen.[13]

4 Ausblick
  Gegenwärtig befindet sich das Internet in einer tiefgreifenden Umbruchphase, von der heute noch nicht abzusehen ist, wie sie im einzelnen verlaufen und vor allem, wie sie enden wird. Die Zahl der Nutzer wird auf z.Z. 30-40 Millionen geschätzt.[14] Die Zusammensetzung der Netzpopulation hat sich in den letzten Jahren durch den Zustrom von Nutzern, die über private Internetprovider Zugang erhalten, erheblich verändert. Die auf Expertenwissen und Erfahrung ausgerichteten Bedienungsoberflächen der Netzrechner, etwa bei dem im Hostrechnerbereich verbreiteten Unixsystem und bei den insgesamt ausschließlich textbasierten Navigationsmöglichkeiten im Netz, waren bis vor kurzem nahezu unüberwindliche Hindernisse für die breite Nutzung des Netzes auch durch Nichtfachleute. Erst mit World Wide Web (WWW), einem vernetzten Hypertext-System, "zerbröckeln die Unixwälle" (Berners-Lee et al., 1994). Eine grafische Benutzer-Schnittstelle sowie neuartige Software-Agenten vereinfachen die Netznavigation erheblich und erleichtern netz- und computertechnischen Nicht-Fachleuten das Auffinden von weltweit verstreut lagernden Datenbeständen. Insbesondere mit dem Auftauchen des als "Killer-Applikation"[15 ]bezeichneten Clienten-Programms Mosaic wurden in wachsender Zahl neue Nutzerkreise angezogen (Internet World, 1994).

Die neuen Nutzergruppen sehen sich - oft gänzlich unvorbereitet - mit der im Internet gewachsenen Kultur und der durch sie geprägten Netztechnik konfrontiert und müssen sich mit dieser arrangieren, bzw. zumindest auseinandersetzen. Die Veränderungen bei der Netzpopulation verlaufen nicht konfliktfrei, es kommt zum "Culture Clash". Neben dem Strukturwandel der Netzpopulation ist eine wichtige Veränderung in der Finanzierungsgrundlage eingetreten. Nachdem die US-amerikanische Bundesregierung das Internet im Rahmen der Förderung des Netzes der National Science Foundation - des transatlantischen "Rückgrats" des Netzes - erheblich alimentiert hat, ist das Internet in den USA Ende Oktober 1994 zu einem wesentlichen Teil in private Hände übergegangen. [16]

Prospektive Anbieter auf den neuen IuK-Märkten haben die Wahl, entweder am Internet zu partizipieren oder parallel neue Netze aufzubauen. Offen ist vor diesem Hintergrund, wie sich das Internet zukünftig weiterentwickeln wird. Die Existenz von Netzen, die auf ein Massenpublikum ausgerichtet sind - wie etwa das geplante Microsoft Network -, könnten dazu führen, daß sich Internet wieder deutlich zu einem Forschungsnetz (zurück-)wandelt, wenn kommerzielle Netzprovider den nicht-akademischen Markt mehr und mehr an sich ziehen. Sollte der Privatkundenmarkt, anstatt mit eigenen, neu zu errichtenden Netzen bedient zu werden, weiterhin so massiv wie derzeit zu beobachten ins Internet gehen, wird sich der oben skizzierte Charakter des Netzes aller Voraussicht nach in vielen Zügen ändern.

Fraglich ist, ob die in einem Forschungsnetz gereiften Quellen der immer wieder gerühmten Fähigkeit zur kreativen Veränderung bzw. Innovation und die Verbindung dieser Fähigkeit mit den für das Internet charakteristischen Formen der Selbstorganisation, die bislang dazu geführt haben, daß das Internet Maßstäbe gesetzt hat, erhalten werden können. Gerade diese Eigenarten begründen jedoch die Attraktivität des Internet für die so zahlreich neu ins Netz gehenden Nutzergruppen und machen es zu einer gern genutzten Entwicklungsumgebung für neue Anwendungen. Nach dem World Wide Web trifft in jüngster Zeit insbesondere das Internet Phone auf eine strake Resonanz. Dadurch erscheint auch eine weitere Aufwärtstransformation des Netzes möglich.

In einem jedenfalls sollte die bebaute Brücke, die uns als anschauliche Metapher für die entstehende Netzwelt diente, nicht zum Leitbild werden. Ursprünglich boten die Geschäfte auf der Ponte Vecchio ein gemischtes Bild: Metzger und Stoffhändlerinnen waren hier ebenso anzutreffen wie Hufschmiede und Gemüseverkäuferinnen. Dann entschied ein Herzog, die kleinen Krämer und Handwerker seien der Brücke nicht würdig - seither beherbergen die Läden des Ponte Vecchio nur Gold- und Silberschmiede sowie Edelsteinhändler.

Literatur
  Ameil, Cécil, European Information Highways: Which Standards? European Parliament, Directorate-General for Research. Economic Series W-18. Luxembourg (Office for Official Publications for the European Communities) 1995.

[Bangemann-Report] Europa und die globale Informationsgsellschaft. Empfehlungen für den Europäischen Rat. Brüssel, Mai 1994.

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Durlack, Jerome; O'Brien, Rory & Ozan Yigit, Usenet: An Examination of the Social and Political Processes of a Cooperative Computer/Communications Network Under the Stress of Rapid Growth. Ms, York University, November 1987.

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Elmer-Dewitt, Philip, "First nation in Cyberspace", TIME International, 6. 12.1993, Nr. 49

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Waldgrave-Report: Information Superhighways: Opportunities for public sector applications in the UK. A Government Consultative Report, May 1994.

Wetzstein, Thomas A.; Dahm, Hermann; Steinmetz, Linda & Roland Eckert, Kultur und elektronische Kommunikation. Eine empirische Untersuchung zu den Nutzern von Computernetzwerken. Projektbericht, Trier 1994. (Vorgelegt bei der Volkswagenstiftung)

Weyer, Johannes, "System und Akteur. Zum Nutzen zweier soziologischer Paradigmen bei der Erklärung erfolgreichen Scheiterns", Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie 45, 1993, 1-22.

Fußnoten
  [1] Diese Schritte in Richtung nationaler und globaler Informationsinfrastrukturpolitiken haben sich in einer - kontinuierlich wachsenden - Reihe von Berichten und Absichtserklärungen niedergeschlagen, s. IITF, 1993, den "Rapport Théry" (1994), den Waldgrave-Report (1994) oder die Dokumente der Europäischen Kommission über den gemeinsamen Informationsraum, etwa das Weißbuch von 1994, den Bangemann Report (1994) und den Aktionsplan (1994). Diese und andere Dokumente über Initiativen in Kanada, Japan, Singapur oder Australien sind gebündelt auf eletronischem Wege zu erreichen über einen World Wide Web-Server der australischen Nationalbibiothek (<http://www.nla.gov.au/lis/govnii.html>). In der Bundesrepublik betreiben sowohl die Bundesregierung als auch einzelne Länder den Ausbau von Datennetzen und die Förderung von Anwendungen, etwa im Rahmen des "Förderkonzepts Informationstechnik", sowie durch Pilotprojekte zum interaktiven Fernsehen. Das BMBF präsentiert sich im Internet unter <http://rigel.dfn.de/bmft/>

[2] "The Internet has established itself as the world network." (Ameil, 1995, S. 14) Die Clinton-Gore-Administration betrachtet das Internet als Vorläufer der geplanten nationalen Informationsinfrastruktur in den USA. Australien und Japan orientieren sich in bezug auf das öffentlichen Segment einer künftigen Kommunikationsinfrastruktur ebenfalls am Internet. Für Gérard Théry (1994, 25), Architekt des französischen Minitel-Systems, demonstriert der Erfolg des Internet den generellen Bedarf nach einem Universalnetz. Für die Europäische Union stellt das Internet einerseits ein "trojanisches Pferd" der US-amerikanischen Computer-, Software- und Telekommunikationsindustrie dar, andererseits fördert die EU selbst Projekte, die das Internet als Entwicklungsumgebung nutzen, so etwa im Fall des World Wide Web, das als Schlüsselelement künftiger Informationsdienste in Europa gilt. Die EU ist außerdem im Internet durch die European Community Host Organisation (ECHO) und die "I'm Europe"-Initiative der Generaldirektion XIII präsent (<http://www.echo.lu>) .

[3] Bei der Trierer DFÜ-Nutzerstudie nannten die befragten "Netzwerker" das Lesen und Schreiben von Beiträgen in Mailboxnetz-Bretten und Internet-Newsgruppen als die wichtigste Computertätigkeit (siehe Wetzstein et al., 1994, S. 52). Die von Kneer (1994) untersuchten Nutzer mit privatem Netzzugang verwendeten die Hälfte ihrer online verbrachten Zeit mit dem Lesen von News.

[4] Diese Angaben entstammen dem Usenet Readership Summary Report von Brian Reid in der news.lists-Newsgruppe und beruhen auf Hochrechnungen auf der Basis des Datenaufkommens ausgewälter Newsserver.

[5] Die Bezeichnung "Mainstream"- und "Alternativ"-Kategorien wurde von Hahn & Stout, 1994, S. 166, übernommen. Diese beiden Hauptkategorien werden aus historischen Gründen zuweilen auch als Usenet bezeichnet. Heute werden die Begriffe Usenet und Netnews zunehmend synonym gebraucht, wenn die Gesamtheit aller im Internet verfügbaren Newsgruppen gemeint ist.

[6] Eine Liste öffentlich zugänglicher Mailboxen, die dem Benutzer Zugang zu den Internetdiensten bieten, findet sich unter <http://www.cis.ohio-state.edu/hypertext/faq/usenet/de-inet-mailboxen/faq.html>

[7] Vgl. den Artikel von UUNET Communications in news.lists vom 3. Jan. 1995. Der Löwenanteil der Artikel (69 v.H.) stammte dabei aus der alt.-Hierarchie.

[8] List of Active Newsgroups, 12.3.1995, fu-berlin de news.lists:2200, und Alternative Newsgroups Hierarchies, 12.3.1995, fu-berlin de news.lists:2201.

[9] In den USA kann jeder Newsserver weitgehend ohne Beschränkungen als "Newsfeed" für andere Rechner fungieren. In Deutschland werden die Netnews von mehreren Anbietern (DFN, EuNet, X-Link) bereitgestellt, die die News aus den USA über Transatlantikleitungen sowie aus anderen Fernzonen beziehen, und gegen Entgelt an Universitäten und andere Kunden weiterverteilen. Die deutschen Provider untersagen ihren Kunden in der Regel die Weiterverbreitung der News.

[10] "The news transport mechanism is the code which receives, process, and forwards netnews. The news readers (and news posters) allow human users to interact with the news database built by the transport. The news transports themselves interact with underlying communications code, commonly either NNTP (Network News Transfer Protocol) or UUCP." Zu Geschichte und Quellen der Netnews-Software siehe <http://www.cis.ohio-state.edu/hypertext/faq/usenet/usenet/software/part1/faq.html> sowie O'Reilly & Tobino, 1992.

[11] Der Möglichkeit nach, weil bisherigen Erfahrungen zufolge die Mehrheit der Nutzer fast ausschließlich die Artikel anderer liest. Der Anteil der aktiveren Nutzer, die regelmäßig eigene Artikel beisteuern oder die Artikel anderer kommentieren, wird auf circa 20% geschätzt. Der in die Netnews "eingebaute" Nutzer ist in der Praxis also nicht unbedingt anzutreffen.

[12] "Jede Technik produziert, provoziert und programmiert ein spezifisches Akzidens, einen spezifischen Unfall. (...) Mit dem Schiff hat man den Schiffbruch erfunden, mit der Dampfmaschine und mit der Lokomotive die Entgleisung. Mit der Autobahn die Karambolage von 300 Wagen binnen fünf Minuten. Mit dem Fliegen den Absturz." (Virilio, 1991, S. 72)

[13] In diesem Sinne bewirken beispielsweise sogenannte "Killfiles", daß Artikel zu ausgewählten Themen oder von bestimmten Autoren von den Newsreader-Programmen nicht mehr angezeigt werden.

[14] Einer geläufigen Methode zufolge wird die Zahl der Nutzerinnen und Nutzer des Internet geschätzt, indem man die Zahl der Hostrechner mit 10 multipliziert. So kommt man beispielsweise auf eine geschätzte Nutzerzahl von rund 38 Millionen im Oktober 1994.

[15] "Killer-Anwendung" in einem zweifachen Sinn: Die neuen Navigationsinstrumente eröffnen mit ihrer Bedienungsfreundlichkeit nicht nur einem Massenpublikum den Zugang, sondern bringen speziell durch die aufwendige Bildübertragung eine außerordentlich starke Belastung des Netzverkehrs mit sich.

[16] Fünf amerikanische Telefongesellschaften haben die wichtigsten Netz- und Zugangsknoten übernommen; ein privater Netzanbieter wird Hochleistungs-Datenleitungen zwischen den Netzknoten zur Verfügung stellen (Frankfurter Allgemeine Zeitung, 1.11.1994). Die bundesstaatliche Technologie-Förderung konzentriert sich seitdem auf punktuelle Pilotprojekte zur Entwicklung von Hochleistungsrechnern und breitbandigen Hochleistungsnetzen.

 

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